„Gefahrenzonen“ auch in Berlin – Nur keiner merkt’s!

Radioballet Polizeikontrolle ©Solidarité sans frontières

„Gefahrenzone“, „Bürgerkrieg“, „Verfassungswidrig“ – glaubt man einigen Medien, Facebook und Twitter, dann herrschen in einigen Hamburger Stadteilen Anarchie und Ausnahmezustand. Seitdem ein Investor das besetzte Kulturzentrum „Rote Flora“ umbauen will, gibt es in der Stadt Demonstrationen mit anschließender Sachbeschädigung und handfeste Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Die Polizei reagierte, indem sie einige Stadtteile zu „Gefahrenzonen“ erklärte. So werden im Polizeisprech Gebiete genannt in denen Polizeibeamte ohne Grund Ausweispapiere kontrollieren können, Personen durchsuchen oder in Gewahrsam nehmen dürfen. Soziale Netzwerke verbreiteten die Nachricht, zahlreiche Nutzer empörten sich, die US-Regierung sprach schon mal eine Reisewarnung für Hamburg aus, berichtete n-tv.

Ist die halbe Innenstadt Berlins eine Gefahrenzone?

Das Seltsame ist: solche Gefahrenzonen gibt es auch in Berlin. Nur hier beschwert sich niemand und „Shitstorm“ bleibt aus. In sogenannten „kriminalitätsbelasteten Gebieten“ haben die Beamten die gleichen Rechte wie ihre Hamburger Kollegen – können also ohne Anlass Personen filzen und Wohnungen betreten. Das bestätigt die Pressestelle der Berliner Polizei auf BLN.FM-Anfrage. 1999 handelte es sich dabei um 36 Viertel in Berlin: dazu gehörten der Platz am Bahnhof Zoo, die U-Bahn-Linie 8 und die Gegend um den Boxhagener Platz in Berlin-Friedrichshain, erinnert die Tageszeitung „Neues Deutschland„. Die Bild-Zeitung glaubte zu wissen, dass die Hälfte der Fläche innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings als „kriminalitätsbelastet“ eingestuft wird – dazu zählen die Polizei aber auch Taschendiebstahl und „Jugendkriminalität“. Doch anders als früher gibt die Polizei 2013 weder Medien noch Parlamentariern Auskunft, wo die Zonen genau sind. Man wolle verhindern, dass bestimmte Gegenden als „No-Go-Areas“ durch die Presse geistern, sagt die Pressestelle BLN.FM. Vielleicht gibt es in Berlin deshalb keine Debatte um eine vermeintliche Einschränkung der Grundrechte.

Inzwischen hat die Polizei in Hamburg die Gebiete wieder eingeschränkt, und sie gilt nur noch im Umkreis einiger Wachen von 18 Uhr abends bis 6 Uhr morgens.

(Foto: © Solidarité sans frontières, flickr CC )