Egyptrixx – Friedliche Apokalypse in HD

Egyptrixx

 

Black Metal, Drone und Ambient – 2008, bei seinem ersten Album, war noch nicht herauszuhören, dass diese Genres zu den musikalischen Vorlieben von Egyptrixx zählen. Zu geradlinig und zu sehr „in your face“ waren die Tracks darauf, die sich noch an Ghetto House anlehnten. Doch bereits zwei Jahre später deutete Egyptrixx‘ erste EP „The Only Way Up“ für das Londoner Label Night Slugs an, dass der Produzent aus Toronto eine Vorliebe für Clubmusik-Entwürfe besitzt, die abwegig sind. Für sein Album „Bible Eyes“ (2011) konstruierte er ganz eigene, flüssig-glänzende Zukunftsmusik, die weder House, Techno noch Dubstep ist. Dabei bleibt sie dennoch den schwingend-perkussiven 4/4-Kicks von UK Funky verpflichtet. Danach pausierte der Mann hinter Egyptrixx, David Psutka, das Projekt und vertrieb sich die Zeit mit Psychedelic Noise als Teil des Duos Hiawatha. Zwischenzeitlich gewann seine Musik neue Gestalt. Nun erschien Anfang Dezember das Album „A/B Til Infinity“, auf dem er die Konturen vorstellt. Dabei spielen visuelle Elemente eine genauso wichtige Rolle wie die Musik. So beinhaltet die CD nicht nur Tracks, sondern gleich die dazu gehörigen Videos des Berliner Künstlers Andreas Nicolas Fischer (ANF).

Egyptrixx - A/B Til Infinity - Cover

Bei der Produktion des Albums arbeitete Egyptrixx von Anfang an mit ANF zusammen. Musik und ihre Visualisierung inspirierten sich bereits während der Entstehung, weder war Musik, noch das Bild zuerst da. So kreiert der Künstler im Zusammenspiel mit den digitalen Daten aus Egyptrixx Musik am Computer glänzende, glitzernde und bedrohlich funkelnde Oberflächen. Bei anderen Tracks entstehen wiederum dunkle Texturen, deren Elemente mal streng kristallin geordnet sind, dann haltlos und chaotisch herumwabern. Es ist eine Welt, die ohne Sonne auskommt und stattdessen von innen heraus glimmt.

Aber auch ohne die Videos erzeugen Egyptrixx‘ Tracks Bilder im Kopf. Sie führen zu keiner abgeschlossenen Erzählung, sondern bleiben wundersame Einzeleindrücke. Ihre Wirkung basiert darauf, dass der Produzent kunstvoll die derzeitige Clubmusik dekonstruiert. Er arbeitet zwar mit gängigen Elementen wie schweren Bässen, Synths und sich wiederholenden Drums, setzt sie aber unkonventionell ein. Dabei bringt er eher zum ehrfürchtigen Staunen als zum Tanzen. Selbst die Tracks, die mit 4/4-Bassdrum und minimalistischer Gestaltung an funktionaleren Techno erinnern, verstärken letztlich die atmosphärische Dichte des Albums. Es geht ums Zuhören, Schauen, Erfahren. Dabei tendiert eine Vielzahl von Tracks zum Ambient, selbst dann, wenn Drumgewitter und schockartige Bässe die Boxen durchschütteln.

Mit „A/B Til Infinity“ erschafft Egyptrixx ein selbstständiges Universum, deren einzige offensichtliche Referenzen an unsere Welt Regen, Donner und Polizeisirenen sind. Das wirkt düster, apokalyptisch und manchmal bedrohlich. Am Ende jagt das Opus aber keine Angst ein, sondern strahlt tiefgreifende Ruhe aus, die fasziniert und fesselt. 2014 wird er mit der Musik und den Videos von ANF um die Welt touren.

Egyptrixx – A/B Til Infinity (Night Slugs), Dezember 2013