Mittwoch 11.12.2013 war es soweit: die GEMA präsentierte per Pressemitteilung den neuen Tarif für Veranstaltungen, „Diskotheken“ und Clubs. Das Fachmagazin „de:bug“ sieht das „Clubsterben“ abgewendet, die Gaststätten- und Hotelbetreiber jubilieren. BLN.FM sagt: „Abwarten“! Ist die Einigung wirklich so toll, wie alle vermuten? Vor allem größere Clubs in Berlin dürfen sich auf saftige Erhöhungen einstellen. Immerhin werden diese dadurch abgemildert, dass die GEMA ihren Komplettpreis erst 2022 einziehen will.
Mittlerweile können sich alle Veranstalter und Clubbetreiber mittels interaktiver Tabelle schnell ausrechnen, wieviel mehr sie ab dem nächsten Jahr zahlen dürfen. Visualisiert man die Preise, dann geht die Kurve besonders für größere Berliner Clubs nach oben. Bei Eintrittspreisen von 12 Euro und einem zu beschallenden Raum von 500 Quadratmetern muss ein Club 2022 (theoretisch) viermal mehr Geld an die GEMA bezahlen als 2013.
BLN.FM hat eine Modellrechnung für einen typischen Berliner Club durchgeführt, der einen kleinen und einen großen Dancefloor hat. Ausgegangen wird von drei Veranstaltungen pro Woche. Der kleine Raum hat eine Größe von 100 Quadratmetern – das ist die Mindestgröße, weniger kann man bei der GEMA nicht abrechnen. Bei den Summen sind keine Rabatte und Sonderregelungen berücksichtigt, die Clubbesitzer als Mitglieder in Verbänden verhandeln konnten.
Hier muss für 2014 immer noch ein Drittel mehr gezahlt werden, 2022 wird dort das Doppelte fällig. 3000€ jährlich wären laut altem GEMA-Diskotheken-Tarif 2013 fällig, ab dem 1.1.2014 weist der GEMA-Tarifrechner schon 3800 Euro aus, für 2022 etwas weniger als 5700 Euro. Öffnet der kleine Club dreimal pro Woche, beträgt der GEMA-Anteil pro Party 24 Euro, 2022 dann 36 Euro.
Der große Raum ist zirka 500 Quadratmeter groß, das entspricht einem größeren Berliner Techno-Club, in dem ab und an auch Konzerte stattfinden. Bis 2013 waren nach altem Tarif theoretisch jährlich 8600 Euro fällig, egal ob der Veranstalter 5 oder 20 Euro Eintritt nahm. Hier berechnet der GEMA-Tarifrechner für 2014 bereits knapp das Doppelte. Am Ende wird die jährliche Summe mit ungefähr 40500 Euro das 4,5-fache dessen betragen, was 2013 fällig war. Der GEMA-Anteil einer Veranstaltung in diesem Club steigt von 55 Euro (2013) um rund 100 Eur0 2014 auf 260 Euro 2022.
Nach wie vor richtet sich die GEMA nach pauschal abgeschätzten Raumgrößen. Aber wie auch schon in der Vergangenheit versichert das „Musik-Inkasso“, dass sie einem Veranstalter nicht mehr als 10% des Umsatzes abknöpfen will, welches er mit Eintrittsgeldern macht. Nur Freunde kostenloser Partys sind von dieser Regelung ausgenommen. Wer seine Party kostenlos macht, zahlt mindestens 22 Euro für die Nutzungsrechte an Musik, je größer der Raum um so mehr.
Ist dieser Anteil für Musik fair?
(Update 19.12.2013) Watergate bestätigt die Modellrechnung
Beim Berlin Mitte Institut bestätigt Watergate-Betreiber Steffen Hack die BLN.FM-Berechnung. Er hat ausgerechnet, dass er 2022 für die GEMA-Rechte das fünfmal mehr bezahlen müsse als 2012. Für ihn die Konsequenz: damit die Kosten wieder reinkommen, müßte das Watergate künftig kommerziellere Musik spielen, gleichzeitig Eintritt und Getränke teurer werden.
(Update 20.12.2013) Clubs fordern 40% „Kulturrabatt“
Am 19.12.2013 hat sich auch der Verband livekomm zu Wort gemeldet, in dem bundesweit über 500 Clubs wie Tresor, Salon zur Wilden Renate und gemeinsam sprechen sind. Diese „Spielstätten“ stellen ihr Programm nicht nur nach kommerziellen Gesichtspunkten zusammen, sondern verstehen sich selbst als Macher von Kultur. Deshalb fordert der Verband Sonderregelungen für die Mitglieder bei der GEMA: Clubs mit „Kulturanspruch“ sollen 40% Rabatt auf die GEMA-Tarife erhalten. Von den Einnahmen durch Eintrittsgelder möchten die Clubs nur noch 5% statt 10% abgeben.