Wie viele Hände hat eigentlich Benjamin Kövener? An der Umtriebigkeit des Münsteraners gemessen, dürfte es sich wohl um ein ganzes Dutzend handeln und sie stecken in zig Projekten mit drin. Als Drummer unterstützt er das Einpersonenunternehmen Bersarin Quartett bei der Live-Umsetzung cineastischer Ambientsounds, streichelt als eine Hälfte des Duos Sebastian Witte und der neue Mond ebenso die Felle und unterstützt auf diversen Partys elektronische Konserven-Tunes mit seinem druckvollen Live-Drumming. Außerdem wäre da noch Exchampion, sein Soloprojekt. Das entstand eher spontan aus einer Laune heraus.
„Ich wollte eigentlich nur so viele Ideen wie möglich sammeln, habe mein Vierspur-Tapedeck hervorgeholt und alles im Proberaum aufgenommen. Der schmutzige Sound gefiel mir, also hab ich alle paar Wochen einen Track auf Soundcloud hochgeladen, um ihn meinen Freunden zu zeigen“, erzählt Kövener. Schnell entstand so die EP „To Aurora“, welche er unter dem Namen Exchampion auf dem Bandcamp-Account des Münsteraner Musikerkollektivss Age Of Delay als Gratisdownload anbot. Die vier Tracks, die Kövener selbst mit dem Begriff „Bassmusic“ labeln würde, weisen eine einzigartige Handschrift auf: Der eigentlich im Punk- und Metalbereich sozialisierte Vollblutschlagzeuger zieht am Synthesizer alle Register. Es quietscht und fiept, die Harmonien glit(s)chen durch den Mix, drunter purzelt ein wobbeliger Bass im Quadrat und alles wird von dem dezent angejazzten Drumming Köveners elegant zusammengehalten.
Ebenso rapide, wie die ersten Schritte von Exchampion ausfielen, folgten weitere Tracks, die Kövener als „Attaboy Ben!“-Trilogie veröffentlichte. Die EP-Serie releaste er, wie auch „To Aurora“, kurzerhand auf Kassette in Kleinstauflage selbst. Das mag einerseits seiner eigener Biografie geschuldet sein, denn zum Schlagzeugspielen kam er als Teenager nach dem intensiven Konsum einer VHS mit der berühmten Woodstock-Dokumentation. „Die ganze Atmosphäre und die Wildheit von Ten Years After, Santana oder Jimi Hendrix‚ Performances haben mich sehr inspiriert“, gibt er zu. Im Grunde aber ist Kövener schlicht Fan des Mediums: „Tape hat wie Vinyl seinen ganz eigenen Sound. Außerdem ist es etwas geheimnisvoll: Auch wenn alle Titel im Booklet stehen hat, kann man bei Produktionen wie meiner immer mal Tracks verstecken.“ Nur logisch also, dass sowohl „To Aurora“ als auch die „Attaboy Ben!“-Trilogie mit exklusiven Bonustracks für Tape-Nerds aufwarten.
Das passt nicht nur zum dezenten Achtziger-bis-Neunzigerjahre-Touch, der die Produktionen von Exchampion prägt, sondern auch zur Thematik der „Attaboy Ben!“-Trilogie. Die bezieht sich mit Titel und Artwork nämlich auf Ben Horne, den teilzeitverwirrten Hotelbesitzer aus David Lynchs Kultserie „Twin Peaks“. Den Dauerbrenner unter den US-amerikanischen TV-Serien geht Kövener aber bewusst anders an, als wir es von unzähligen anderen Hommagen kennen. „Ich bin großer ‚Twin-Peaks‘-Fan und hatte während des letzten Revivals der Serie die Schnauze voll von „Fire Walk With Me“-Einspielern oder Coverversionen des „Laura Palmer Theme“ Ich habe mich stattdessen Ben Horne gewidmet. Er hat coole Jogginganzüge und weiß stets, sich poetisch und gewählt auszudrücken. So wäre ich auch gern.“ Genau mit der Absicht, so scheint es, wurde auch das Video zum Track „Heli“, das kürzlich Premiere feierte, gedreht: Dort sprintet eine Gruppe Joggerinnen durch die Sporthalle, in welcher Kövener seinen Exchampion-Extremsport am Schlagzeug abliefert. Auf seine ganz eigene Art klingt das hochgeschwinde Frickelfest zudem noch höchst poetisch. Klar auch, dass ein so hyperproduktiver Musiker wie Kövener schon an neuem Material schraubt.
(Foto: Angelika Klauser)