„Do It Yourself“ (kurz DIY), also Dinge selbst machen, ist im Trend. Bis zum „Mach’s dir selbst!“ ist es da nicht weit, sagen sich die Künstlerinnen und Feminstinnen Åslög Enochsson und Hanna Kisch und bieten Workshops an, bei denen sich Frauen ihre eigenen Sexspielzeuge basteln, die ihnen zu körperlichen Genüssen ohne männliche Hilfe verhelfen sollen.
Hanna hat Knetmasse mitgebracht. 15 Teilnehmer haben sich in einem dunklen Raum im Moviemento-Kino in Kreuzberg versammelt, darunter eine ehemalige „Femen“-Aktivistin und vier Männer. Zwei wurden von ihren Freundinnen hergeschleppt, ein anderer wollte die Gelegenheit nutzen, sich etwas „Schönes, Langes, Dickes“ zu basteln, das er sich bequem in den Po stecken kann.
Gebastelt wird in entspannter Atmosphäre, gesprochen wird dabei kaum. Hochkonzentriert versucht jeder seiner Fantasie Form zu verleihen und das zu erschaffen, womit er oder sie schon immer mal gefickt werden wollte. Gelegentlich fallen Worte der Anerkennung für die Werke der anderen und hier und da gibt Hanna ein paar Tipps. Im Anschluss überzieht die Skulpturistin die Gebilde mit Silikon in der gewünschten Farbe, sodass die DIY-Dildos auch praxistauglich sind. Wer möchte, bekommt sein neues Spielzeug sogar glitzernd zurück.
Die Veranstalterinnen verfolgen mit der Bastelstunde eine feministische Mission, bei der sie das japanische Film-Genre des Tentakel-Pornos für sich umdeuten. In den Horror- oder Science Fiction-Fantasien erfolgt der Sex mit Fangarmen von Aliens und Ungeheuern, die Penissen ähneln. Nicht immer sind die Frauen damit einverstanden, in manchen der Schmuddelstreifen werden sie vergewaltigt. Das dürfte die Fantasie der hauptsächlich männlichen Zuschauer anheizen, die sich vorstellen, dass es Frauen scharf macht, möglichst viele Schwänze in sämtliche Körperöffnungen gesteckt zu bekommen.
Wie passt sowas mit Feminismus zusammen? „Ein Tentakel ist kein Penis. Ein Fangarm ist frei von jeglichem Geschlecht”, erklärt Åslög Enochsson. „Was mich an diesen Pornos besonders fasziniert, ist der Gedanke, von etwas anderem als einem Penis penetriert zu werden.” So soll dann auch der Dildo, den die Teilnehmenden des Workshops nach einer kurzen Einführung in die Genre-Geschichte des Tentakel-Pornos basteln, frei von männlichen Rollenklischees sein. Die Selbstbefriedigung wird dadurch zum Akt weiblicher Emanzipation und Unabhängigkeit vom Mann, da die Frau durch das selbstgebastelte Sexspielzeug ganz ohne Penis zum Höhepunkt kommt.
Doch am Ende der Stunde entstehen dann doch wieder nur fünfzehn Gebilde, die stark einem Penis ähneln. „Merkwürdig“, gesteht Pippa, die früher bei Femen aktiv war, „da könnte ich mir alles basteln, womit ich schon immer mal Sex haben wollte und dennoch fällt mir nichts Besseres als ein Penis ein.“ Was das Ganze mit Feminismus zu tun haben soll, erschließt sich ihr nicht. „Es ist ein netter Zeitvertreib für einen Sonntagnachmittag“, findet sie und fasst die Veranstaltung damit treffend zusammen.
Ergebnisse der Workshops lassen sich im Other Nature Sexshop am Mehringdamm 79 in Berlin-Kreuzberg bestaunen. Allerdings nur so lange, bis sie von ihren Besitzern abgeholt werden.
(Fotos von Kai La Quatra für BLN.FM)