Sie sind politisch oder pornografisch, bizarr oder niedlich – oder alles zusammen: „Zine“, Zeitschriften in Kleinauflage. Die Macher eint der Wille, frei und ohne kommerzielle Interessen schreiben und publizieren zu können, was sie wollen und wie sie es wollen. Ob queer, polysexuell, straight, radikal oder nekromantisch, bei der inhaltlichen Ausrichtung redet den Machern kein Verlag rein. Aber von der Gestaltung und dem Schreiben kann keiner von ihnen leben. Aber das ist auch nicht die Motivation – den meisten geht es darum, sich selbst zu verwirklichen oder sich einfach in gesellschaftliche Debatten einzumischen. Zu beziehen sind ihre kleinen Magazine bei „Distros“, Seiten im Netz, in denen die Macher ihre Zine vorstellen und verkaufen können. BLN.FM hat einige von den Machern auf dem dritten „Zinefest“ in Berlin-Kreuzberg Ende Oktober 2013 getroffen.
Anne-Christin Klotz organisiert nicht nur in Berlin ein kleines Festival rund um „Zine“, sondern gibt selbst das Zine „Stürmische Zeiten“ heraus. In ihm veröffentlicht sie ihre sehr persönlichen Beiträge über Politik, Gesellschaft, Feminismus und Beziehungen. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Zeichnungen, Texten und Comics. Sie können per E-Mail bei der Macherin oder bei Microsleep und Black Mosquito bestellt werden.
Der Amerikaner Dan Rhatigan publiziert seit Jahren das „Pink Mince„-Zine. Mit expliziten Bildern und Texten widmet sich jede Ausgabe einem queeren Thema aus unterschiedlichen Perspektiven. Ein Heft vollzieht zum Beispiel nach, wie sich die Fotos männlicher Pin-ups über die letzten Jahrzehnte hinweg geändert haben. Dan begann schon als Kind, eigene Magazine herauszugeben. Von Haus aus gestaltet er Schriften. Er gehört zu den etablierten Machern der Szene, seine Zines kommen in der Erstauflage mit bis zu 400 Stück auf den Markt. Zu bestellen sind sie über seine Homepage.
Stefan Murygin ist Comiczeichner und bringt das auch anderen bei. Die letzte Ausgabe seines Zines entstand während eines 24 Stunden-Comic-Marathons. Die Zeit reichte nicht ganz. Weil er acht Stunden dranhängen musste, um seinen Comic abzuschließen, heißt er nun „Eine Spitzengeschichte – Ein 32-Stunden-Comic“. Er handelt von einem Hund, der von zwei Vögeln verfolgt wird. Zu beziehen ist der Band bei Nulltausendnull und der Comicbibliothek Renate.
Die Modedesign-Studentin Lola Mamerow gibt das „Disguised“ heraus. Im Heft behandelt sie Mode und Politik. Dafür spricht sie auf der Straße Menschen an, die außergewöhnlich gekleidet sind und führt mit ihnen Interviews. Ihr Zine gibt es auf Deutsch und auf Englisch bei der tumblr-Seite von Disguised.
Der Spanier Rafael Rodriguez aka „docindustries“ gestaltet im Brotjob Plattencover. Der Punk unter den Zine-Machern hegt keine Hoffnung auf eine bessere Zukunft und thematisiert seinen Pessimismus in düsteren Grafiken, T-Shirts und Masken. Die Gesellschaft geht zugrunde – wunderschön und beängstigend.
Cécile Mayot kommt aus Frankreich und lebt erst seit zwei Monaten in Berlin. Sie ist eine der wenigen Zine-Macherinnen, die ausschließlich mit Fotos arbeitet und dabei ohne Text auskommt. Ihre Publikationen sind Reiseberichte, Lebensschnipsel und kuriose Augenblicke. Eine kleine Co-Fotografin hat Cécile auch: einige der Zines sind mithilfe ihrer siebenjährigen Tochter entstanden, die in die Fußstapfen ihrer Mutter tritt. Die Zines kann man bei Cécile direkt unter maycec.com bestellen.
(Fotos: Jutta Lüttich)