Midnight Magic: Kollektiv statt Soloshow

midnight magic by  Aaron Cobbitt

Wenn neun verschiedene Künstler aufeinandertreffen, kann man sich gut vorstellen, dass es da schon einmal kracht. Erst recht, wenn ein Drittel der Gruppe bereits auf eine Geschichte als erfolgreiche Combo zurückblicken kann und vielleicht meint, den anderen voraus zu sein. Bei Midnight Magic ist jedoch offenbar nicht nur der Name magisch. Denn darunter firmieren seit 2010 Carter Yatusake, Morgan Wiley und W. Andrew Raposo von Hercules & Love Affair, die mit sechs anderen Künstlern zusammenarbeiten. Losgelöst von den Vorgaben des Hercules-Frontmannes Andy Butler produzieren die drei in der Gruppe extrem harmonisch wirkende Disco-Sounds. Von Konkurrenzdenken keine Spur. Und zu viele Köche verderben hier auch nicht den Brei.  Auf dem zweiten Album „Midnight Creepers“ hört man eindrucksvoll, was aus dem Prinzip „Kollektiv“ alles entstehen kann.

cover midnight magic„Midnight Creepers“ enthält eine Mischung aus bereits veröffentlichten Songs und vielen neuen Stücken. Da darf die zwei Jahre alte Single „Beam me up“ natürlich nicht fehlen. Mit dieser Single gaben Midnight Magic vor drei Jahren ihr Debüt auf dem Münchener Label Permanent Vacation – und sie hat zurecht noch mal ihren Platz auf dem Album gefunden: Fünfeinhalb Mid-Tempo-Minuten mit den besten Elementen, die Disco, Soul und Funk zu bieten haben. Tiffany Roth singt perfekt arrangiert auf einer schmissigen Piano-Line, die von ihrer Einfach- und Eingängigkeit an Hot Chips „My Piano“ erinnert. Doch auch die anderen Songs der Platte sind einfach unglaublich eingängig und gleichzeitig extrem geschmeidig. Umso mehr fallen Ausnahmen auf, die diesen scheinbar sicheren Pfad verlassen und mit unerwarteten Elementen und Effekten aufwarten. Bei „Work It Out“ balancieren im Intro stakkatoartige Vocals auf einem spacigen Synthie-Gerüst, als wäre es eine Leichtigkeit. In „Red Rain“ und „Paranoid Jungle“ mischen sich orientalische und afrikanische Einflüsse mit dem klassischen Disco-Sound der 1970er.

Midnight Magic schaffen es, den Geist von Donna Summer und Konsorten einzufangen und in ihren Tracks so aufzuarbeiten, das alles dem Jahr 2013 gerecht wird. Mit Tiffany Roth steht dabei die ideale Sängerin am Mikrofon  – die kreative Masse hinter ihr sorgt für die mehr als stimmige Beschallung. Wenn Disco so klingt, verzeiht man sogar gern die hochgeschlitzten Glitzerkleider und zu weit ausgeschnittene Herrenhemden auf einer Party.

 

(Foto: Aaron Cobbitt)

(Midnight Magic: „Midnight Creepers“ / Permanent Vacation, Oktober 2013)