Das brachliegende Gelände der Bötzow-Brauerei in Berlin-Mitte beherbergte bis 2012 zahlreiche Clubs, darunter den legendären Techno-Keller „deep“. Doch mittlerweile ist das Gelände verkauft – und „Subkultur“ wird es dort in Zukunft nicht mehr geben, wie selbst der Investor zugibt.
Seit 2003 hatte der Verein „Freunde der Bötzow-Brauerei“ offiziell die Erlaubnis, Räume auf dem Gelände als Ateliers, Ausstellungsräume und Club zu nutzen. Nachdem 2010 der süddeutsche Unternehmer Hans-Georg Näder das Areal kaufte, mussten die Zwischennutzer ihre Sachen packen. Seitdem plant die Vermarktungsgesellschaft Bötzow Berlin im Auftrag Näders öffentlichkeitswirksam die Zukunft des Geländes unweit des Berliner Alexanderplatzes. Derzeit haben sie den Star-Architekten David Chipperfield angeheuert, der bereits auf der Berliner Museumsinsel millionenteure Erweiterungsbauten geplant hat.
Für das Gelände plant Hans-Georg Näder eine Rollstuhlmanufaktur und eine „Kreativfabrik“, die seinem Medizintechnik-Unternehmen ottobock zuarbeitet. Ein Teil des Geländes soll von einem Hotel genutzt werden, auch eine kleine Brauerei soll angesiedelt werden. Die „Brooklyn Brewery“ und ein Berliner Braumeister wollen die Traditionsmarke „Bötzow Privat“ als Szenebier wiederbeleben. Der prominente Sternekoch Tim Raue eröffnete bereits im Atelierhaus sein Restaurant „La Soup Populaire“, französisch für „Suppenküche“ – das Preisniveau von Hummer und Gewürztofu entspricht aber keineswegs der namensgebenden Armenspeisung. In einem Nebenraum gibt es derzeit bis Januar 2014 großformatige Fotografien von Andreas Gursky zu sehen.
Was aus den Räumlichkeiten des ehemaligen „deep“-Clubs wird, bleibt indes ungeklärt. Nur eines steht festzustellen: Underground-Kultur wird dort nicht mehr stattfinden. Sollte eine Hotelgruppe aus den USA den Zuschlag für das Hotel bekommen, wollen die Betreiber gleich einen Ableger des „Boom Boom Rooms“, eines exklusiven New Yorker Clubs eröffnen. Andere Hoteliers sind nicht an den Räumlichkeiten interessiert.
Die Bötzow-Brauerei ist also dabei, sich in ein ambitioniertes Schickimicki-Stadtviertel zu verwandeln. Selbst Sebastian Peichl, Chefberater der Planungsgesellschaft „Bötzow Berlin“, gibt zu: „Natürlich ist das Gentrifizierung. Subkultur wird hier in dem vorherigen Maß nicht mehr stattfinden.“
(Kai La Quatra, Jutta Lüttich, Alexander Koenitz, Foto shivaelektra, judith74, Bötzow Berlin)