„Kein Vorverkauf, keine Youtube-Trailer, kein iTunes-Stream, kein Spotify, kein Deal mit Amazon, keine Tricks um in die Charts zu kommen, kein Bitcoin-Quatsch und kein Super-Produzent, der einer Platte mit seiner Unterschrift in der letzten Minute die künstlerische Weihe erteilt.“ Mit diesen schnörkellosen Worten kündigte Four Tet die Veröffentlichung seines neuesten Albums auf twitter an. Jetzt ist „Beautiful Rewind“ offiziell erschienen und das Prädikat „schnörkellos“ trifft auch auf die Musik zu, die darauf zu hören ist.
Nach dem wunderbar-kitschigen Album „There’s Love in You“ und dem eher housigen „Pink“ hat sich der englische Musiker noch einmal gewandelt und ist doch unverkennbar Four Tet geblieben: Die Bassdrums ploppen vor sich hin und tanzen gelegentlich synkopiert aus der Reihe, die Bässe sind fett und rund, aber gleichzeitig knochentrocken. Dazu rasseln Percussions und im Hintergrund machen Stimmfetzen und Arpeggios die besondere Atmosphäre der Musik von Four Tet aus. Jedes Quäntchen Hall würde die Intimität der Klänge stören, also gibt es fast keinen. Die Klänge ergänzen sich ohne zu Brei zu verschwimmen und alles was sich hören lässt, ist klar und offensichtlich.
„Beautiful Rewind“ ist ein roher und ungeschliffener Blick in die Vergangenheit
Rücklauf bei gleichzeitiger Erinnerung – das bedeutet für „Beautiful Rewind“, dass auf der Platte verstärkt Sounds vorkommen, die eher an Four Tets Anfangszeit als Elektronik-Musiker erinnern. Im Fahrwasser seiner Postrock-Band Fridge begann Kieran Hebden um die Jahrtausendwende, sich mit Elektronika zu beschäftigen. Seine frühen Produktionen waren stark vom UK Garage beeinflusst. Diese Einflüsse sind nie ganz verschwunden, aber auf „Beautiful Rewind“ treten sie wieder stärker in Erscheinung. Dunkler, aber nicht düsterer Funk durchzieht die Platte, der Blick zurück geht bis in die 1990er zu Drum’n’Bass, Tribal-Drums und rohem Techno. Es sind weniger seidige und harmonische Frauenstimmen zu hören, sondern mehr härtere Männerstimmen und Fragmente von Sprechgesang und Grime. „Kool FM“ ist der herausragendste Track in dieser Hinsicht: Das Stück beginnt technoid und mit einer hohl klingenden Basslinie. Dazu treten aus dem Zusammenhang gerissene D’n’B-Klänge. Mit einem treibenden „Hey, Hey, Hey“-Schnipsel wird daraus ein Hit.
„Beautiful Rewind“ bricht die Arbeitsweise von Four Tet herunter auf eine fundamentale Ebene. Man hat das Gefühl zu verstehen, was diesen Produzenten im Vergleich zu anderen ausmacht: Die Tracks klingen nicht so, als wären sie geplant produziert. Die Musik steht einfach unmittelbar im Raum und für sich selbst. Erst recht klingt sie nicht wie „ein am Computer produziertes Album, das vor allem aus Samples besteht“. Dazu gehört, dass die Tracks wie Momentaufnahmen bestimmte Stimmungen abbilden, wie sie gerade zufällig existieren und deshalb auch nie ganz ohne Verwerfungen auskommen. Dabei geht – im besten Sinne – immer auch einiges durcheinander. Vermeintliche Ungereimtheiten oder „Fehler“ werden nicht retuschiert, sondern gehören ganz selbstverständlich dazu. Im Ergebnis macht, neben den tollen musikalischen Ideen, genau das die Schönheit der Musik von Four Tet aus. Es knistert und zischt das Leben aus den Tracks aus allen Richtungen direkt in den Kopf.
(Four Tet: „Beautiful Rewind“, Text Records, Oktober 2013)