Der Hamburger Lawrence hat sich in der letzten Dekade seinen besonderen Platz inmitten der internationalen Tech House-Größen beständig erarbeitet. In 13 aktiven Jahren gingen fünf Alben, zahlreiche EPs und Remixe auf sein Konto. Daneben gründete er mit Carsten Jost das äußerst erfolgreiche Ambient House-Label Dial und zog überregional renommierten Plattenladen Smallville mit auf. Nachts sorgte er regelmäßig im berüchtigen Hamburger Golden Pudel Club für die Musik, regelmäßig legte er auch in der Berliner Panoramabar auf. Bleibt Lawrence musikalisch noch etwas zu beweisen? Wo führt sein neues Album thematisch wie musikalisch noch hin, wenn es nicht Altbekanntes einfach wiederholen will?
Der Albumtitel „Films and Windows“ klingt zunächst auch nicht unbedingt nach Musik, sondern könnte auch das Konzept einer Kunstaustellung überschreiben, wie sie der Hamburger in seiner kürzlich eröffneten Galerie in Berlin-Charlottenburg zusammenstellt. Für das Cover verwendete Lawrence den Ausschnitt eines größeren Tryptychons der Künstlerin Monika Michalko. Das Album selbst bildet eine Kollektion verschiedenartiger Klanggemälde, wie sie innerhalb einer Galerie eher unzusammenhängend präsentiert würden. Bis auf eine gemeinsame, unterkühlte Klangästhetik beinhalten die Tracks kein melodisches Thema, unter welchen sich die einzelnen Stücke zusammen fassen ließen.
Musik für Dancefloors und Galerien
Diese Verschiedenartigkeit kann daran liegen, dass einige bereits weit im Vorfeld veröffentlicht wurden. Der fast schon spirituell sphärische Track „Kurama“, für dessen Name ein japanischer Berg Pate stand, begeisterte 2011 DJ Koze so sehr, dass er ihn als Single auf Pampa Records herausbrachte. Die rohen Acid-Twitches über soft-schwebender Synth-Melodie aus „Etoile du Midi“ dürften dem einen oder anderen schon aus der gleichnamigen Dial-EP von 2012 bekannt vorkommen.
In den Tracks baut Lawrence auch auf einfache, aber wohltemperierte Beatmuster eine Schicht von ausgeklügelten, sphärischen Melodieelementen. Diese kündigen sich meist früh an, um dann scheinbar endlos Schleifen zu ziehen. Manchmal verlaufen sie sich auch im Nichts und werden anschließend durch neue Pad- oder Syntheffekte ersetzt. Dabei treibt Lawrence keines der Elemente auf die Spitze, stattdessen wabern die Musikstücke eher vorbei. Ihr Aufbau und die verwendeten Muster lassen sich erst nach dem zweiten oder dritten Mal herausfiltern.
In seiner Musik geht es Lawrence hörbar um mehr als den Effekt, den seine Kompositionen auf den Körper von Zuhörenden haben könnte. „Films and Windows“ verzichtet kompett auf euphorisierende Pop-Momente. Immersion, das Abtauchen der Hörenden in die Musik, erreicht der Produzent dadurch, dass er die Dramaturgie gekonnt mittels hallender Effekte hinauszögert. Hi-Hats nutzt er nur unterschwellig, die kosmischen Synth-Klänge spielen nur teilweise abgestimmt zusammen.
Lawrence beweist auch mit „Films and Windows“, dass elektronische Musik für Clubs nicht laut und tanzflächenorientiert aufgebaut sein muss, um den Hörer in selig-zeitlose Trance zu versetzen. Mittels seiner Musik verbindet sich das nächtliche, berauschte Cluberlebnis mit der Kunstwelt – Produzenten wie Lawrence ist es zu verdanken, dass der House-Musik nicht mehr nur auf ihre Tanzbarkeit reduziert wird.
https://soundcloud.com/experimedia/lawrence-films-windows-album
(Dial)