Couchsurfing, Carsharing, Sharedearth – die Menschen geben wieder ein Stück von ihrem Besitz ab, rücken ein bisschen zusammen. Oder mit anderen Worten: Teilen ist das neue Haben. Das Prinzip „Shareconomy“ ist nicht neu, verbreitet sich aber mithilfe des Internets immer weiter. eBay war digitaler Pionier dieses eigentlich uralten, aber in den Köpfen einer Wegwerfgesellschaft längst vergessenen Gedankens: Was davor im Müll landete, weil es nicht mehr gebraucht wurde, war plötzlich noch was wert. Omas Vasen, Papas Plattenspieler oder Möbel, davor noch als alter Krempel verschrien, galten als der neueste heiße Scheiß. Und sie tun es immer noch. eBay, das war das Auktionshaus für den kleinen Mann, der hippe Online-Flohmarkt, der parallel mit dem Einzug des Internets in Deutschland aufkam. Der „Do-It-Yourself“-Kreativmarkt DaWanda, der Online-Marktplatz Kleiderkreisel und die Flohmarkt-App Stuffle sind die eBay-Nachhut und setzen den Gedanken der „collaborative consumption“ fort.
Auch das Berliner Online-Unternehmen Fairnopoly reiht sich in diese gesellschaftliche Bewegung ein, geht mit seinem sozialen Geschäftsmodell jedoch noch einen Schritt weiter. Ende September fiel der Startschuss für den neuen Online-Marktplatz, auf dem Nutzer Neues, Altes und Selbstgemachtes erstehen und verscherbeln können. Fairtrade und Öko werden hier groß geschrieben: Anbieter von nachhaltig produzierten, fair gehandelten und gebrauchten Artikeln sammeln automatisch „FAIR Share Points“, wodurch sie nur halb so viel Provision zahlen und extra hervorgehoben werden. Das registriert dann auch die Suchfunktion auf der Seite: Klickt ein Nutzer ein herkömmlich produziertes Kleidungsstück an, taucht daneben eine nachhaltige Alternative an. „Verantwortungsvollen Konsum nennen wir das“, sagt der Fairnopoly-Gründer Felix Werth.
Doch wer legt fest, was grün ist und was nicht? „Der Verkäufer muss das entsprechende Fair-Trade-Siegel angeben. Wenn das Produkt keines hat, muss er ein ausführliches Formular mit Fragen zu den Herstellungsprozessen ausfüllen“, so der Fairnopoly-Chef. Dieses Formular können alle Nutzer auf der Website einsehen und kommentieren. Wer falsche Angaben mache, müsse damit rechnen, eins auf den Deckel zu bekommen.
Auch mit seinem Geschäftsmodell „Genossenschaft 2.0“ greift das Start-up aus Berlin-Kreuzberg den Wir-Gedanken auf. Mit einem beliebigen Beitrag kann jeder Miteigentümer der Genossenschaft werden – und sich selbst ein Stück vom Kuchen abschneiden, wenn irgendwann Gewinne ausgeschüttet werden sollten. Mehr als 10.000 Euro dürfen nicht eingezahlt werden, denn das Unternehmen soll unabhängig von den Profitinteressen großer Investoren bleiben. Kleine Händler biete sich außerdem die Möglichkeit, ein Wörtchen bei den Spielregeln mitzureden, statt wie bei Konkurrenten die Konditionen diktiert zu bekommen.
Wenn das große Geld draußen bleibt, dann müssen alle mithelfen. Aktiv werden können Genossenschaftsmitglieder, indem sie Flyer verteilen oder auf Flohmärkten aushelfen. Damit das nicht ganz umsonst passiert, gibt es pro investierte Arbeitszeit Punkte, mit denen Helfer mehr Anteile an den zukünftigen Überschüssen der Plattform zeichnen. Jede ehrenamtliche Tätigkeit wird gleichermaßen honoriert: „Alle Mitglieder erhalten den gleichen Satz pro Stunde an Punkten – sowohl die Teammitglieder, die lange Zeit ohne Bezahlung gearbeitet haben, als auch externe Helfer“, erklärt Werth.
Es wird sich zeigen, ob sich Fairnopoly mit der Idee einer Community-Wirtschaft durchsetzen wird. Um weitermachen zu können, benötigt der Online-Markt weiteres Startkapital. Dazu gehört Vertrauen in das Projekt, in das Unternehmensmodell, in die Menschen dahinter – das Grundprinzip, worauf gemeinschaftlicher Konsum basiert.
Fairnopoly, Glogauer Straße 21, Berlin-Kreuzberg, Bus: Glogauer Straße, U-Bahn: Schönleinstraße
(Fotos: Fairnopoly)