In 2011 gründete Timo Schaal unter dem Pseudonym Polypix die Seite „StreetArt in Germany“ auf facebook. Heute gehört diese mit über 900.000 Followern zu den größten Plattformen für Straßenkunst weltweit. Die Community wächst stetig und mit ihr die Zahl an eingesandtem Material: Täglich wählt der Wahl-Mannheimer aus über 400 Einsendungen die Fotos aus, die auf facebook veröffentlicht werden. Die Pflege des Internetauftritts ist mit mehr als 10 Stunden pro Tag zur Vollzeitbeschäftigung geworden.

Bei einer so überwältigenden Resonanz war es nur eine Frage der Zeit, bis der facebook-Seite etwas folgen musste. Seit letzter Woche Mittwoch ist der Bildband „StreetArt in Germany“ mit den besten Fotos von der Seite sowie exklusivem Material im Handel erhältlich. Nach genauerem Betrachten des, durchaus nett anzuschauenden, Werkes wollte BLN.FM vom Autor wissen, ob ein weiteres Buch über Streetart denn wirklich nötig war.

 

BLN.FM: Timo, bist du selbst Streetartist, oder wie und wann hast du dein Interesse für urbane Kunst entdeckt?

Timo: Ich bin kein Streetartist. Ich bin freischaffender Künstler und möchte selbst auch nicht in Richtung Straßenkunst gehen. Entdeckt habe ich Streetart, nachdem ich aus einer kleinen Stadt nach Mannheim gezogen bin. Am Nachbarhaus habe ich ein Stencil gesehen und war so fasziniert, dass ich es fotografieren musste. Später habe ich festgestellt, dass das Foto eine ganz eigene, faszinierende Wirkung auf mich hatte. Von da an erkundete ich die Stadt aus einer neuen Perspektive. Ich kannte Mannheim schon vorher, aber die urbane Kunst lies mich die Stadt  völlig neu entdecken.

BLN.FM: Du bekommst täglich über 400 Fotos zugeschickt. Nach welchen Kriterien wählst du aus, was veröffentlicht wird?

Timo: Ich wähle alles selbst aus. Mit der Zeit gibt es natürlich Arbeiten, die ich bereits gefühlte 1.000 Mal gesehen habe. Besonders aus Berlin kommen viele Sachen mehrfach. Touristen entdecken Plätze wie zum Beispiel das R.A.W.-Gelände neu und schicken Bildmaterial, das mir schon längst bekannt ist. Bei der Auswahl ist mir wichtig, dass möglichst viele Städte repräsentiert werden. Berlin hat natürlich eine tolle Szene, aber auch in anderen Städten gibt es großartige Künstler. Werke mit ganz eigenen Ideen überzeugen mich eher als diese ganzen Banksy-Cover, die natürlich auch irgendwo ihre Berechtigung haben.

 

BLN.FM: Nun bist du nicht der erste, der auf die Idee kam, ein Buch über Streetart herauszubringen. Wieso war es dir trotzdem ein Anliegen, auf die bereits existierenden Exemplare noch eins draufzulegen?

Timo: Ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt, ein Buch herauszubringen. Heute ist die Resonanz auf meine Seite noch überwältigend, doch Plattformen wie myspace zeigen, dass sowas sehr vergänglich ist. Ein Buch ist da als Medium schon sehr viel nachhaltiger. Ich hatte dabei nicht den Anspruch, eine wissenschaftliche Arbeit über Streetart abzuliefern. Auch wollte ich bewusst keine Interpretationen liefern, denn auf der Strasse ist ja auch niemand, der einem die Werke erklärt und die Biografie des Künstlers gleich dazugeliefert. Meine Absicht war es, einfach einen schönen Bildband zusammenstellen.

BLN.FM: Aber wo genau liegt der Unterschied zu den anderen Büchern auf dem Markt?

Timo: Spricht man über die deutsche Streetart-Szene, denkt jeder gleich an Berlin. Natürlich gibt es auch in meinem Buch Bilder aus Berlin. Vielleicht findet man deshalb auch Motive wieder, die bereits zuvor in anderen Büchern abgedruckt wurden. Doch anders als die anderen Bücher zeige ich hier die Streetart-Szene des ganzen Landes, also neben Werken aus den Großstädten auch solche aus irgendeinem Dorf, das kein Mensch kennt. Die Arbeiten und Künstler hätten vielleicht sonst nie eine Plattform bekommen, obwohl sie es verdient haben. Zudem habe ich exklusives Material reingepackt, das ich bisher nicht auf facebook gepostet habe.

StreetArt in Germany von Timo Schaal, erschienen am 11.09.2013 als Taschenbuch (192 Seiten) im Riva Verlag, 14,99 €.

ISNB-10: 3-86883-337-4 , EAN: 9783868833379

Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung von StreetArt in Germany und der Münchner Verlagsgruppe GmbH.