Das perfekt-künstliche Gesicht eines etwas fremdländisch aussehenden Mädchens wackelt hin und her zu einem spärlichen Beat. Die Augen sind riesig, fast könnte das Mädchen einem Manga entsprungen sein.
Was so aussieht wie eine Werbung für eine neue Videospielkonsole, ist das Musikvideo einer Künstlerin aus Großbritannien, die das große Pop-Ding 2013 ist. Aus Gloucestershire im Südwesten Englands stammend, jetzt in London wohnend, ist FKA twigs wohl momentan einer der gefragtesten musikalischen Exporte aus Großbritannien. Zumindest sehen das viele Blogger weltweit so – und sie haben recht. Die zwei EPs, welche die Newcomerin seit 2012 veröffentlichte, bestechen durch die Wiedererkennbarkeit der ätherische Stimme und einer zeitgemäßen, teilweise atemberaubend experimentellen Produktion.
Erstmals in Erscheinung trat FKA twigs 2012 mit einer EP, die sie selbst veröffentlichte. Diese erschien noch unter dem kürzeren Namen „twigs“, den die Künstlerin nach juristischen Stress ergänzen musste. Schon hier bahnte sich ein recht eigenwilliger Sound an, an dem Tic mitschraubte, ein Produzent und Songwriter aus dem Umfeld des Young Turks-Labels, das auch The xx und SBTRKT unter Vertrag hat. Der Song „Hide“ kursierte bereits vorab im Netz: es ist ein verschroben minimalistisches Stück Musik mit einem diszipliniert vor sich hinstolpernden Beat und einer intim hauchenden Stimme. Schon dazu existiert ein befremdlich anmutendes Video – damit setzte die bis dahin unbekannte twigs eine erste Duftmarke im Netz.
Auf der Mitte September auf Young Turks erschienenen und schlicht betitelten „EP2“ wird der Sound mit Hilfe des aus Venezuela stammenden Nachwuchsproduzenten Arca weiter entwickelt. Der Produzent lebt derzeit in New York, veröffentlichte sein Debüt-Album 2011 auf UNO NYC und war an der Produktion des letzten Kanye Wests-Opus „Yeezus“ beteiligt. Mit ihm hinter den Reglern wirkt FKA twigs kühl-moderner, aber doch sanfter Sound, insgesamt größer und eindrucksvoller als vorher.
Auch visuell überzeugt FKA twigs weiterhin: Das diesen Sommer erschienene „How’s that“ erinnert an frühe Werke des Musikvideo-Genies Chris Cunningham. Das neue Video zu „Water Me“ unterstreicht den metaphysisch und sehnsüchtig-entrückten Sound der Engländerin. Augen und Ohren offen halten – nicht nur wir warten auf Fortsetzung.
FKA twigs: EP2 / Young Turks, September 2013