Kunstfestival „Black Lux“: Alles eine Frage der Fellfarbe?

Black Lux (Foto: Rebecca Sampson)

Ist es Rassismus oder künstlerische Freiheit, wenn das Gesicht eines „Weißen“ Schauspielers in einer Theateraufführung bis hinter beide Ohren schwarz angemalt wird? 2012 entfachte diese Frage eine aufgeregte Diskussion in deutschsprachigen Tageszeitungen. Ein Regisseur begründete die Maskerade damit, dass für die Rolle keine „Schwarzen“ Schauspieler im deutschsprachigen Raum zur Verfügung stünden. Dabei ist der Griff zum Farbtopf heikel, wenn man in das 19. Jahrhundert zurückblickt: Damals war das „Blackfacing“ ein Bestandteil der Ministrel Shows, die Menschen mit dunkler Hautfarbe ins Lächerliche zogen.

Dass es hierzulande gar nicht so wenige „Schwarze“ Künstler gibt, beweist das derzeit laufende Kunstfestival „Black Lux“ im Ballhaus Naunynstraße. „Durch das Festival erhalten Zuschauer die Chance, die ‚Schwarze‘ Künstlerszene endlich mal wahrzunehmen“, sagt Simone Dede Ayivi, die mit ihrer Performance „Krieg der Hörnchen“ während des „Heimatfests aus Schwarzen Perspektiven“ vertreten war. In ihrem Solostück zeigt sie, warum ein kleines, scheues Nagetier für Rassismusdebatten herhalten muss. Ausgangspunkt ist eine breit diskutierte Studie, die besagt, dass das einheimische rote Eichhörnchen durch das nordamerikanische Grauhörnchen aus den deutschen Wäldern verdrängt werde.

Die menschliche Angst vor Veränderungen und dem Fremden – das ist für die Künstlerin der zentrale Punkt, um den sich die Debatte bei der befürchteten Grauhörnchenplage dreht. „Ich fand es interessant, bei dem Hörnchenthema das gleiche Vokabular wie bei Sarrazin wiederzufinden. Ich las Überschriften wie ‚Gefährliche schwarze Nager machen einheimischen Eichhörnchen das Leben schwer‘ oder Formulierungen wie ‚Migrantenhörnchen‘. Ich wollte beide Debatten spiegeln und die Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausfinden.“

Simone Dede Ayivi: Krieg der Hoernchen (Foto: Andreas Hartmann)
Simone Dede Ayivi: Krieg der Hörnchen (Foto: Andreas Hartmann)

Aus dokumentarischem Material und gepaart mit viel Poesie bastelte Simone Dede Ayivi über Jahre ihr hochpolitisches Stück, in dem auch humorvolle Szenen nicht zu kurz kommen. Auf einem Waldspaziergang schlüpft sie selbst in die Haut der bedrohten roten Spezies oder stellt sich als graufelliger Einwanderer im hessischen Dialekt den bohrenden Fragen einer Journalistin nach seinen „wahren“ Wurzeln. In einem auf Tonband eingesprochenen fiktiven Interview verarbeitet sie auch persönliche Erfahrungen: „Es geht viel um meine Person als ‚Schwarze‘ Künstlerin und Afrodeutsche, die sich genau mit diesen Fragen konfrontiert sieht. In dem Interview konnte ich die ganzen Erfahrungen und dummen Fragen endlich mal produktiv verwerten.“

Da so wenige Künstler mit dunkler Hautfarbe auf deutschen Bühnen vertreten sind, sieht Simone Dede Ayivi für sich eine Art Repräsentationsaufgabe. Das „Black Lux“-Festival biete ihr die Möglichkeit, ihre Sichtweise zusammen mit den Erfahrungen weiterer „Schwarzer“ Künstler vorzustellen. Verschiedene Schauspieler, Installationskünstler, Tänzer und Fotografen verarbeiten in ihren Arbeiten das Spannungsverhältnis zwischen „Schwarzer“ Identität und Alltag in einer überwiegend „Weißen“ Gesellschaft. Das Theaterstück „Schwarz tragen“ (24. 9., 26.9.–30.9., jeweils 20 Uhr) beleuchtet das Leben einer „Schwarzen“ WG in Kreuzberg. Der Berliner Rapper Awewu präsentiert bei seinem Konzert Stücke aus seinem zweiten Album „Leidkultur“, die persönlich wie politisch sind (28.9., 22:30 Uhr). Und in der Videoinstallation „Black Mirrors: Memory. Body. Identity“  (bis zum 25.9. von 17:30 bis 23 Uhr) können Besucher zwei Schauspieler dabei beobachten, wie sie sich den kontroversen Fassbinder-Film „Whity“ ansehen und diesen kommentieren.

„Black Lux“, bis zum 29.9.2013, Ballhaus Naunynstraße, Naunynstraße 27, Berlin-Kreuzberg, U-Bahn: Kottbusser Tor