Ende der 2000er Jahre machte sich Raffertie einen Namen mit Tracks wie „7th Dimension“. Die vertrackten Beats und tiefen Bässe passten zwar in den Dubstep-Hype, aber die Produktionen waren im Vergleich zu anderen Produzenten weniger düster und enthielten bereits einige schillernde Elemente des 1990er-R’n’B. 2011, im gleichen Jahr, in dem der Brite seinen Abschluss in Komposition beim Konservatorium in Bristol machte, unterschrieb er einen Vertrag beim Londoner Qualitäts-Label Ninja Tune. Bestachen die Veröffentlichungen zuvor durch Verschrobenheit, nahmen in der Folge R’n’B-Anleihen einen immer größeren Raum ein. Die Melodien wurden gefällig und die Beats auf das Wesentliche reduziert. Im März 2013 verströmte Raffertie in seiner Single „Build Me Up“ mit choralen Harmonien über fetten HipHop-Beats Pop-Appeal – ein Vorgeschmack auf das Album „Sleep Of Reason“, das seit August 2013 draußen ist.
Der Longplayer markiert nun einen vorläufigen Höhepunkt der Hinwendung Rafferties zum Pop. 13 Stücke soulige Elektronika oszillieren zwischen klassischen Songstrukturen und elektronischer Tanzmusik. Es gibt Akkorde, Harmonien und Melodien wie in der Popmusik, Raffertie setzt sie aber wie Samples ein. So schichtet er einzelne Gesangsfragmente und Instrumente übereinander und kreiert so ätherische Stimmungen. Dazwischen deutet Raffertie immer wieder kleine Hooklines an, die dann direkt wieder in der Tiefe vieler Songs verschwinden. So auch beim gelungenen „Principal Action“: zuerst entfaltet sich eine wortlose und humorvolle Gesangslinie („Daa-Dum-Daaa-Dum-Daaaa-Dum-Daaaaa“), die zunehmend von einer kratzigen Wall Of Sound verschluckt wird und dabei nichts von ihrer Zugkraft einbüßt. Nicht immer geht dieses Konzept auf. Manche Tracks schwurbeln zu gewichtig und einschläfernd dahin, emotionale Ausbrüche wie bei dem Duett mit Yadi „Trust“ wirken beliebig.
Raffertie ist ein Produzent, der Songs schreibt. Oder andersrum: er ist ein Songwriter, der Tracks produziert – und zwar auf musikalisch hohem Niveau. Auf seinem Debutalbum sind viele ansprechende Stücke zu finden, auch wenn die Platte insgesamt etwas zu bemüht wirkt. Fans von ätherischem R’n’B, wie er auch von Beacon oder The XX gemacht wird, sollten beim Londoner Künstler aber auf jeden Fall reinhören.
https://soundcloud.com/raffertie/sets/touching
(Ninja Tune )