Stahlcontainer statt Stalinbau: Studentendorf im Plänterwald

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“Das ist alles nur geklaut”, gibt Jörg Duske zu. Die Idee, in Containern zu wohnen, kommt eigentlich aus den Niederlanden. Der Investor hat sie jetzt nach Deutschland geholt und errichtet im Plänterwald das erste Studentendorf aus Schiffscontainern. „Johnny“ und „Frankie“ heißen die Wohnblocks, die auf einem 11.000 Quadratmeter großen Grundstück unweit des S-Bahnhofs Köllnische Heide entstehen sollen. Ein Waschsalon für schmutzige Socken und ein Kochstudio sind ebenfalls geplant. Duske reagiert damit auf die angespannte Wohnungsmarktsituation in Berlin. Günstiger Wohnraum ist knapp. Vor allem für die 160.000 Studenten, die an Berlins Hochschulen studieren, reichen die 9.500 Wohnheimplätze vorne und hinten nicht.

Sarah (20) studiert in Wildau Luftfahrttechnik und will später Astronautin werden. Erst einmal will sie jedoch raus aus der elterlichen Wohnung. „Die Wohnkosten hier sind für mich gut kalkulierbar“, rechnet sie vor. 349 Euro würde Sarah inklusive Strom, Betriebskosten und Internetflatrate für ein „Singleappartment“ bezahlen. Auch Hannah (20) gefällt das Konzept vom Wohnen im Container. Das Studentenwohnheim neben ihrer Uni ist überfüllt und kostet genauso viel wie ein ganzer Container. Dann lieber cool wohnen, findet sie und zwängt sich in den blau lackierten Schlauch aus Stahl. „Cool“ und „edgy“ sind Vokabeln, die auch Bauherr Duske am liebsten im Zusammenhang mit seinem Projekt benutzt. „Mir war es wichtig eine Architektur hinzubekommen, die wirklich besonders ist”. Diese Art des Wohnens sei bis dato in Deutschland nicht so populär. „Dabei ist Bauen mit Containern 30 Prozent günstiger, 30 Prozent schneller und auf jeden Fall 100 Prozent cooler“.

Die Container selbst sind großzügig und modern gehalten. Ähnlich wie bei der Kunsthalle Platoon in Berlin-Mitte sollen die einzelnen Frachtcontainer übereinandergestapelt und durch Brücken miteinander verbunden werden. Die Dächer sind begrünt, damit es im Sommer nicht zu heiß in den Stahlbauten wird. Das Mobiliar mietet man gleich mit. Ein Bett, Tisch, eine Dusche plus Toilette und eine Kochnische mit Barhockern haben in dem 12 mal 2,90 Meter breiten High Cube Platz. Mit 56 Quadratmetern etwas großzügiger sind die Doppelwohnungen konzipiert. Geheizt wird mit 100 Prozent Biogas. Ein Teil des erzeugten Stroms stammt aus dem eigenen Blockheizkraftwerk. Gemüse wird im eigenen Garten angebaut  – Urban Gardening gehört für Jörg Duske zum nachhaltigen Wohnen dazu.

Die ersten 20 Wohncontainer sollen bereits ab Oktober bezogen werden. Bis zum Sommersemester 2014 folgen weitere 220 Wohnungen, darunter Single-, Doppel- und Drei-Personen-Einheiten. „Das Ganze ist ein Experiment“, betont Duske. Deshalb ist ihm Feedback auch so wichtig. Als die ersten Bagger rollten, musste er anfängliche Bedenken in der Nachbarschaft ausräumen. Es gab die Frage, ob auf dem Gelände ein Asylantenwohnheim entsteht. Ein Showroom und öffentliche Baustellenbesichtigungen sollen Anwohner nun über die Pläne informieren. Jörg Duskes Vision von Deutschlands erstem Containerdorf steht zudem als Prototyp auf einer sandigen Baustelle im Südosten Berlins und kann jeden Samstag besichtigt werden.

Das Containerdorf am Plänterwald soll nicht das letzte Bauprojekt dieser Art sein. „Die Reaktionen der Leute haben mich inspiriert, Räume für Menschen zu schaffen, die gern mit anderen Menschen zusammen sind, generationsübergreifend“. Johnny und Frankie sind jedoch nur für Studenten. Die sollen in knapp acht Wochen einziehen, vorausgesetzt, der Bauplan wird eingehalten. „Das ist schließlich Berlin“, schiebt Jörg Duske mit einem Schmunzeln hinterher.

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(Fotos: Sophie Bengelsdorf)