Die GEMA sorgte in den vergangenen Jahren für viel Unmut bei Künstlern, Clubbetreibern und Musikliebhabern. Von dem Geld, das Clubbetreiber an die GEMA zahlen, landet vieles nicht bei denen, deren Musik in den Clubs gespielt wird. Außerdem sorgen GEMA-Regeln dafür, dass die Verwendung von Musik auch dann bezahlt werden muss, wenn man sie für etwas gesellschaftlich Nützliches ohne Gewinnabsicht einsetzt. Die Cultural Commons Collecting Society (C3S) will dieser Entwicklung entgegenwirken.
50.000 Euro sind schon gesammelt, 200.000 braucht es um die Ideen technisch umzusetzen.
Zurzeit ist C3S noch als Initiative tätig und sammelt mittels Crowdfunding Geld um sich offiziell gründen zu können. Schon nach 23 Tagen Laufzeit konnte C3S insgesamt 55.000 Euro von 850 Unterstützenden sammeln. Mit diesem Betrag kann die Initiative erst einmal weiter arbeiten. Insgesamt will sie jedoch 200.000 Euro einwerben, denn dann können Programmierer ansgestellt werden, um zentrale Vorhaben selbst technisch umzusetzen. Wer C3S unterstützt, bekommt je nach Geldbetrag T-Shirts, eine Rechtsberatung, einen Ableton-Workshop oder eine Party-Kreuzfahrt auf der Spree mit Live-Musik von einem „bekannten Act“.
Bereits am 25. September 2013 will sich C3S als „europäische Genossenschaft“ gründen. Die nötigen 30.000 Euro Startkapital stehen unabhängig von der Kampagne schon bereit. Um vom zuständigen Patent- und Markenamt (DPMA) als Verwertungsgesellschaft anerkannt zu werden, müssen die Gründer jedoch belegen, dass sie genug potentielle Mitglieder haben, die C3S der GEMA vorziehen. Dazu müsse das Repertoire von C3S als Ganzes „wirtschaftlich relevant“ sein, sagt der Initiator und Sprecher Wolfgang Senges gegenüber BLN.FM. „Es braucht viele durchschnittlich erfolgreiche Mitglieder, aber ebenso auch wenige erfolgreiche Mitglieder, um einen gesunden Umsatz zu generieren.“
Unter den öffentlichen C3S-Unterstützern findet sich noch kein „richtiger“ Star
Für eine Zulassung beim Patent- und Markenamt braucht die Alternative zur GEMA insgesamt 3000 Mitglieder, die auch Musik veröffentlichen. Unter den öffentlichen Unterstützern der Initiative sind einige regional bekannte Musiker, aber auch Musikwissenschaftler, ein Richter des Berliner Verfassungsgerichts und Buch-Autor und Journalist Tim Renner. Wie viele der zahlenden Crowdfunder auch potentielle Mitglieder sind, wissen die Gründer nicht. Auch hanen sich keine großen Stars wie Herbert Grönemeyer oder Paul van Dyk öffentlich zu C3S bekannt.
Der Nachweis einer umfassenden Unterstützung durch Kreative, auch von Stars, ist notwendig, weil durch die Existenz einer zweiten Verwertungsgesellschaft die „GEMA-Vermutung“ wackelt. Diese Regelung besagt, dass sich die GEMA als Monopolist prinzipiell darauf berufen kann, dass überall, wo Musik läuft, Material ihrer Künstler gespielt wird. Musiknutzende müssen deshalb automatisch an die GEMA zahlen. Wenn es aber zwei Verwertungsgesellschaften gibt, müsste die Abrechnung für Musiknutzung überarbeitet werden.
C3S will als freundliche GEMA-Alternative die kostenlose Nutzung von Musik ermöglichen
Als Grundlage für C3S dienen zahlreiche Konzepte, die der Harvard-Rechtsprofessor Lawrence Lessig in den Creative Commons (CC) formuliert hat. CC-Lizenzen erlauben den Kreativen einzelne Werke oder ganze Sammlungen unter bestimmten Bedingungen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die GEMA will Creative Commons-Prinzipien nicht umsetzen, die Alternative C3S führt sie hingegen im Namen. Sie wollen „eine produktive Alternative bereitstellen“, sagt der Initiator Wolfgang Senges gegenüber dem Spex-Blog „Cocked Pistol„. Kreative sollten für jede einzelne Veröffentlichung selbst entscheiden können, ob und für was sie kassieren wollen. Dazu soll ein möglichst genaues Abrechnungssystem eingeführt werden, mit dem jedes jedes einzeln abgespielte Musikstück registriert werden kann. Nicht-kommerzielle Nutzende will die C3S sowieso nicht behelligen: „Wir werden sicherlich keine Mahnungen an Schulen schicken, die ein Schulfest planen. Auch zerren wir niemanden ohne Vorwarnung vor Gericht,“ verspricht Wolfang Senges im Spex-Blog.
C3S bietet auch eine Alternative für alle, die die GEMA-Entscheidungsstrukturen als undemokratisch empfinden. Bei der GEMA entscheiden die 3200 umsatzstärksten Mitglieder von insgesamt über 60000 Mitgliedern über die Geschicke der Verwertungsgesellschaft. Darunter befinden sich viele, die überhaupt nicht selbst Musik machen, sondern als Verleger von der Nutzung der Arbeit anderer Komponisten und Texter leben. C3S soll hingegen nur aktiven Kreativen offen stehen, von denen alle das gleiche Stimmrecht haben. Die Mitgliedschaft soll, anders als bei der GEMA, nichts kosten. Diese kassiert auch einen Mindestbetrag, selbst wenn ein Mitglied keine Musik verkauft. Außerdem soll erst ab einem Sockeleinkommen zwischen 500-1000 Euro pro Jahr Geld von einem Mitglied verlangt werden.
C3S will der großen GEMA zeigen, wie sie ihre Aufgabe besser und gerechter erfüllen könnte.
Die Gründung einer alternativen Verwertungsgesellschaft ist durch die hohen Hürden kompliziert und langwierig. Vor allem auf die Solidarität von den „Stars“ ist die C3S angewiesen, also jenen, die dank der GEMA gut verdienen. Trotz dieser Mammutaufgabe sind die Initiatoren optimistisch. Selbst wenn die Verwertungsgesellschaft sehr klein ist, so hofft Wolfgang Senges: „Die Gründung einer neuen Verwertungsgesellschaft ist ein Hebel, um notwendige Reformen bei der GEMA anzustoßen.“