Foreign Affairs: Plastikschlösser und Körperwelten

"White Bouncy Castle" von William Forsythe, Foto: Piero Chuissi
„White Bouncy Castle“ von William Forsythe, Foto: Piero Chuissi

Sommerferien in den Theaterbühnen – Gastspielzeit. Touristen und Berliner wollen auch Kultur, wenn sich die Ensembles der großen Berliner Theater in ihre tariflich zugesicherte Sommerpause verabschiedet haben. Um dem Bedürfnis Rechnung zu tragen, hat Mathias von Hartz, neuer Leiter der Berliner Festspiele, das internationale Festival „Foreign Affairs 2013“ erstmalig in die grüne Jahreszeit verlegt. Der Einladung folgten dreißig Künstler aus aller Welt, die Berlins Bühnen vom 27.Juni bis zum 14.Juli zu Begegnungsorten politischer und alltäglicher Auseinandersetzungen werden lassen.

Im Fokus stehen in diesem Jahr der Choreograph William Forsythe und das „Nature Theater of Oklahoma“. Für eine dreiwöchige Intensivarbeit und zehn Vorstellungen bezieht das New Yorker Theaterensemble im HAU Quartier. Forsythes Arbeiten dagegen beschränken sich nicht nur auf das Festspielhaus, sondern verteilen sich auf die ganze Stadt. Ein Höhepunkt ist dabei eine gigantische weiße Hüpfburg.

Neben Theater und Tanz sorgen musikalische Häppchen für ordentlich Partylaune. Mit dabei sind in diesem Jahr unter anderem Anika, Gravenhurst, Apparat und the Notwist.

William Forsythe

William Forsythe, Foto: Domink Mentzos
William Forsythe, Foto: Domink Mentzos

Der in New York geborene Choreograph zählt zu den wichtigsten Künstlern des modernen Balletts. Seine Arbeiten gehören mittlerweile zum Repertoire großer Companien und wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Mit dem „White Bouncy Castle“, einer riesigen weißen Plastik-Hüpfburg, realisiert er seine theoretische Konzeption des „Choreographic Objects“. Künstler und Besucher werden aufgefordert, einer neuen Art von Körperlichkeit spielerisch nachzuspüren. Die einzigartige Hüpferfahrung soll gleichzeitig das Potential von Choreografie verdeutlichen.

"White Bouncy Castle" von William Forsythe, Foto: Dominik Mentzos
„White Bouncy Castle“ von William Forsythe, Foto: Dominik Mentzos

White Bouncy Castle”,  28. 6. – 14. 7. 2013, Mo – Mi / Fr 14:00 – 19:30 Uhr, Do 16:00 – 22:00 Uhr, Sa & So 12:00 – 18:00 Uhr, Lokhalle (Natur-Park Schöneberger Südgelände), S-Bahn Priesterweg, Eintritt: 4 €, ermäßigt 2 €

Dem Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit geht Forsythe in seinem Tanzstück „I don’t believe in outerspace“ nach, in dem sich vierzehn Tänzer der Frage nach der Endlichkeit nähern. Durch Interaktion der Tänzer miteinander und mit steinähnlichen Objekten sowie Erzählungen lädt die Company zu einer  komisch-tragischen Forschungsreise ins „All des Daseins“ ein.

"I don't believe in outerspace" von The Forsythe Company, Foto:Dominik Mentzos
„I don’t believe in outerspace“ von The Forsythe Company, Foto:Dominik Mentzos

„I don’t believe in outerspace“, 05. & 06.7. 2013, 20:30 Uhr, Haus der Berliner Festspiele, Scharperstr. 24, U-Bahn Spichernstr., Eintritt: 35/25/15 €, ermäßigt 10 

Im Stück „Sider“ sorgen riesige Kartonplatten mit leuchtenden Aufschriften für ein aufregendes Puzzle- und Rätselerlebnis . The Forsythe Company untersucht das Phänomen des „In/sider und Out/sider“ in Form von Grenzüberschreitungen, indem die Kartonplatten der Tänzer als Mauern fungieren. Wann bewegt sich Kunst innerhalb von Konventionen, wann außerhalb und wann genau auf dem Grenzpfad? Mittels Sprachrhythmen und Musikalität wird das Fortbestehen klassisch-performativer Kunstformen in modernen Darstellungsweisen gesucht.

"Sider" von the Forsythe Company, Foto: Dominik Montzos
„Sider“ von the Forsythe Company, Foto: Dominik Mentzos

Sider, 09.7.2013, 20:30 Uhr, 10.7.2013, 21:00 Uhr, Haus der Berliner Festspiele, Scharperstr. 24, U-Bahn Spichernstr., Eintritt: 35/25/15 €, ermäßigt 10 €

The Nature Theater of Oklahoma

"Life and Times. Episode 2" von The Nature Theater of Oklahoma, Foto: The Nature Theater of Oklahoma
„Life and Times. Episode 2“ von The Nature Theater of Oklahoma, Foto: The Nature Theater of Oklahoma

Berlin war gepflastert mit dem Aufruf “The Nature Theater of Oklahoma ruft Euch“. Gesucht wurden unter anderem Tontechniker, Filmemacher und Garderobenleute. In Zusammenarbeit mit freiwilligen Theaterbegeisterten will das New Yorker Theaterensemble zwei Episoden ihrer Vorstellungsreihe „Life and Times“ gestalten. Das zehnteilige Großprojekt basiert auf einem sechzehnstündigen Telefongespräch zwischen Regisseur Pavol Liska und Schauspielerin Kristin Worrall. Die Mittdreißigerin erzählt ihre Lebensgeschichte, beginnend in ihrer Kindheit, über die schweren Teenagerjahre bis zum Alltag einer jungen Erwachsenen. Im Rahmen der Berliner Festspiele werden dem Publikum die verschiedenen Lebensabschnitte Worralls in Form von Musik, Tanz, Theater, Animation und Film auf poetische und humoristisch-satirische Weise gezeigt.

Vom 3. bis 10.7.2013 gibt’s die Episoden einzeln oder im Doppelpack im HAU-Theater zu sehen. Den krönenden Abschluss bildet die Aufführung der großen Mitmach-Aktion, zu der das Nature Theater eingeladen hatte. Das gesammelte Material wird anschließend zu einem Animationsfilm verarbeitet: Interviews, Massenchoreografien, Screen-Tests – alles ist dabei. Vor allem natürlich die Berliner selbst. Wie das Resultat am Ende aussehen wird, das ist noch offen.

HAU Hebbel am Ufer / HAU 1, Stresemannstr. 29, U-Bahn Möckernbrücke, Eintritt: 8-25 , Sondervorstellung der Episoden 1-6: 30-65