Ende der 1980er Jahre lachte uns in Westeuropa über Nacht ein gelbes Gesicht an. Es war der Smiley – Maskottchen der frühen Rave-Kultur und das Gesicht von Acid. Bislang glaubte man, dass die Musikrichtung mit den zwitscherenden und pfeifenden Tönen aus der klangerzeugenden Roland TB-303 um 1985 in Chicago entstand. Sie beeinflusst bis heute viele Techno- und House-Produzenten.
Doch die Einträge in den Musiklexika müssen umgeschrieben werden. Denn Acid entstand bereits 1982 – und zwar nicht in Chicago, sondern in der indischen Millionenmetropole Mumbai. Erfinder war der Inder Charanjit Singh, der mit seiner Hochzeitsband auf großen Festen die Musik beliebter Bollywood-Filme nachspielte. 1982 nahm er das Album „Synthesizing: Ten Ragas to a Disco Beat“ mit eigenen Kompositionen auf, in denen er Disko mit elektronischen Instrumenten mischte. Ohne es zu wissen, erfand er durch die zweckfremde Verwendung elektronische Geräte einen Sound, der erst Jahre später groß rauskam – ohne dass er mit der weiteren Karriere zu tun hatte. Denn nach der Veröffentlichung geriet sein Album schnell wieder in Vergessenheit und wurde erst in den letzten Jahren von Musikjournalisten wieder entdeckt.
BLN.FM hat Charanjit Singh zu einem Gespräch getroffen, als er auf Einladung des Berliner CTM-Festivals seine Musik im Berghain vorstellte. Warum blieb der Inder so lange unbekannt? Und wie kommt es dazu, dass er plötzlich im Techno-Epizentrum Berghain spielt? – Das versuchte Tim im Gespräch Charanjit Singh herauszubekommen und hat ein paar Hörproben aus der ersten Acid-Veröffentlichung überhaupt.
https://soundcloud.com/bln-fm-im-fokus/im-fokus-kulturcheck-charanjit
(mit Matthias Hummelsiep)