Mount Kimbie – Cold Spring Fault Less Youth

mount-kimbie-cold-spring-fault-less-youth-300x300So mancher Electronica-Spezialist wäre durchgefallen, hätte er nach Hören weniger Tracks erraten sollen, wer hinter „Cold Spring Fault Less Youth“ steckt. Mit ihrem zweiten Album vollziehen Mount Kimbie musikalisch den Weg vom Post-Dubstep-Label Hotflush hin zum genre-übergreifenden Label Warp und erweitern den stilistischen Rahmen ihres viel gepriesenen Debüts „Crooks and Lovers“ um einige Facetten.

Der Vorgänger demonstrierte 2010 eine große Geschlossenheit durch den Einsatz weniger, immer wiederkehrender Elemente. Mittels minimalistischer Methodik erschufen Mount Kimbie Track-Skizzen, in denen Melodien durch eine Wand von Knistern und Rauschen hindurch ins Ohr drängten. Die gebrochenen Rhythmen sorgten in dieser akustischen Traumlandschaft für zusätzliche Spannung. Die gute Botschaft für die Freunde ihres Erstlings „Crooks and Lovers“ lautet, dass das Duo trotz seiner Hinwendung zu einem songfreundlicheren Format in seiner Handschrift immer noch erkennbar bleibt.

2013 lassen Mount Kimbie an die Stelle abstrakter Minimal-Hooks nun öfter die eindeutige Popgeste treten. Die Mitglieder Dom Maker und Kai Campos zeigten sich bereits dieses Frühjahr auf Tournee mit Bühnen-Musikern als echte Live-Band. Auch die Studio-Aufnahmen, bei deren Entstehung auf Gastsänger und organische Klangerzeuger wie Schlagzeug, Saxophon oder Gitarre zurückgegriffen wurde, lösen den Anspruch ein. Schon der Einstieg „Home Recording“ zeigt Mount Kimbies Hinwendung zum klassischen Songwriting. Der von sanften Orgeltönen getragene Song ist das Ergebnis des Zusammenspiels einer Band – nicht mehr das Basteln von Soundfricklern. Geblieben sind das wohl bekannte Knistern und der verschleppte Beat, dazu gekommen ist der jazzige Touch der Blech- und Holzbläser, das filigrane Saitenspiel auf der Gitarre und der an Junior Boys erinnernde Gesang.  „You Took Your Time“ mit King Krule rückt die Musik mehr in Richtung Leftfield-Hip Hop, wie er von Labels wie Big Dada und Stones Throw kommt. Andere Stücke verorten sich mehr im experimentellen Electronica-Bereich, aber auch Freunde des Post-Dubstep fühlen sich heimisch, wenn Mount Kimbie wie in „Made To Stray“  den Gesang eines Popsongs mit technoiden Ethnobeats kombinieren. Der Track „Sullen Ground“ setzt eine musikalische Farbe, die man sich von  Massive Attack erwartet. Zischelnd, brodelnd und eher vage baut der düstere Track eine Spannung auf, die nie komplett durchbricht. Im letzten Track „Fall Out“ wagen Mount Kimbie dann einen Ausflug in Richtung Postrock à la Tortoise. Es schließt sich ein Kreis: abgestoppte E-Gitarren, analoge Keyboards und ein Schlagzeug klingen nach einer Band mit elektronischen Ambitionen, weniger nach Elektronik-Produzenten mit Indie-Schwäche.

Mit ihrer weiteren stilistischen Öffnung nach dem erfolgreichen Debüt beweisen Mount Kimbie auf ihrer zweiten Platte Mut. Die Essenz der Durchlässigkeit von Elementen aus Jazz, Indie-Rock und Pop lässt einen Fusion-Sound entstehen, der mal versöhnlich, auch mal schroff immer eine eigene leicht bekiffte, psychedelische Note transportiert.

Plattencheck auf BLN.FM

https://soundcloud.com/bln-fm-im-fokus/im-fokus-plattencheck-mount

Vorhören:


Trackliste:

  1. Home Recording
  2. You Took Your Time (feat. King Krule)
  3. Break Well
  4. Blood And Form
  5. Made To Stray
  6. So Many Times, So Many Ways
  7. Lie Near
  8. Meter, Pale, Tone (feat. King Krule)
  9. Slow
  10. Sullen Ground
  11. Fall Out

(Warp Records)