Schon fast zwei Monate auf dem schnelllebigen Markt und schon wieder alt? Mitnichten, zumal die Entwicklung von Yards neuesten Album „Goodbye Detroit“ bereits im Jahr 2007 mit der Fertigstellung des epischen Titelstücks begann und gut Ding braucht seine Zeit zum Wachsen. Darüber hinaus, wer kann behaupten, dass er stets ein Album x Tage vor dem Release schon kennt? Nun, man kennt zumindest Menschen, die sich als Trainspotter outen indem sie die Behauptung aufstellen, alles schon gehört zu haben bevor es raus kommt. An dieser Stelle kann sich der trendigste unter den Trendies die Mühe sparen weiter zu lesen, denn die auf diesem Machwerk versammelten Töne kennt nicht nur er bereits, sondern alle Menschen, die in den Neunzigern unbefangen zum Techno-Plattenhändler ihres Vertrauens gingen und vorbehaltlos das kauften was der Markt hergab.Die Regalfächer wiesen außer auf die Begrenztheit an Stilschubladen noch auf herausragende Labels hin, die dank kontinuierlicher und kontrollierbarer Veröffentlichungsflut schnell zu Ruhm und Ehre kamen.
Die acht Tracks von „Goodbye Detroit“ müsste man demnach je einem Fach eines Plattengeschäftes in der Periode 92-96 zuordnen können. „Drumtime“ klingt so einfach gestrickt, dass einem die Unbekümmertheit und Freude beim Drehen an den Poties förmlich entgegen springt. Völlig frei von Firlefanz erzeugt er Spannung durch die Modulation der Bassline. Und so gibt es den perfekten Einstieg für Nostalgiker und Freunde des puristischen Techno wie er nicht nur in Detroit, sondern auch in Europa seinerzeit produziert wurde. Der Härtegrad wäre damals sicher als wesentlich höher empfunden worden, er lässt sich an klassischen Produktionen von Blake Baxter, Dave Clarke und Juan Atkins messen. So schnell wie der Opener verklungen ist, so langsam baut sich „Rec“ über zehn Minuten auf und wieder ab. Monotonie und Minimalismus sind das Leitmotiv der ganzen Angelegenheit und haben in Helden wie Robert Hood ihren Ursprung. „Dertroitbird“, ebenso lang, steht als zentraler Track der ersten Hälfte des Albums Pate für das zelebrierte Verständnis von Detroit-Techno. Ein Arpeggio sägt sich den Weg Schicht um Schicht durch Pads, während ein oldschooliger Roland-Drumcomputer für Druck sorgt. Keine Bassline, sondern ein tiefes Grollen schiebt sich periodisch durch das Dickicht an hohen Frequenzen. Meditation trifft auf zickige Unbehaglichkeit, so wie man es in dieser Variante schon lange nicht mehr gehört hat.
Was folgt ist nunmehr nur noch Meditation, die wegen ihrer atonal gehaltenen Phasenverschiebung nicht unbedingt für Yoga-Kurse geeignet ist. Alte Autechre-Aufnahmen oder andere Verteter des IDM-Genres, auch Aphex Twin und sein epochales „Selected Ambient Works II“ klingen bei „Dirt2“ durch. In die gleiche Kerbe schlägt auch „Sachar“, das eher an einen verstimmten Moskitoschwarm als an irgend etwas anderes erinnern mag. Auch „Piano“ ist pure Stimmung, abstrakt, an- und abschwellend und flirrend weist es in keine eindeutige Richtung. Das Faszinierende ist die Ambiguität, die sich als Wirkung breit macht. Zwischen erhabener Schönheit und einer zersetzenden Fäulnis bleibt hier viel Platz zur Interpretation.
Zum sprichwörtlichen Schluss ertönt das eingangs erwähnte, epische „Goodbye Detroit“, das die thematische Klammer des Albums markiert. Laut Presseinfo bezieht sich die Gesamtkomposition auf den Gedanken, dass man auch bei Verlassen der urbanen (Wirk-)stätte eins mit sich und der Natur sein kann, wenn man es vermag sich der Umwelt hinzugeben. Mit diesem Album auf einem guten Kopfhörer sicherlich eine machbare Aufgabe.
Preview:
Trackliste:
- Drumtime
- Rec
- Detroitbirds
- Dirt2
- Sachar
- Piano
- Glowing Moon
- Goodbye Detroit
(Yard Rec)