DJ Koze – Amygdala

DJ Koze - Amygdala - CoverDJ Koze kommt nicht oft vorbei. Vor acht Jahren präsentierte Stefan Kozalla seine abseitige Herangehensweise an elektronische Tanzmusik zum letzten Mal auf Album-Länge mit „Kosi Comes Around“. Mehr Beachtung bekam allerdings sein im selben Jahr unter dem Decknamen Adolf Noise erschienenes Ambient-Album „Wo die Rammelwolle fliegt“. Der darauf enthaltene Überraschungshit „Zuviel Zeit?“ zementierte seinen Ruf als Musik-Komiker und Klassenclown der Hamburger Schule. Nun veröffentlicht der DJ mit dem lustigen Namen nach langer Zeit wieder ein Album und zwar eines, das viele Fans vor den Kopf stoßen dürfte: Songtitel wie „Track ID Anyone?“ suggerieren zwar nach wie vor eine gewisse Selbstironie, aber bis auf ein paar obligatorische Sample-Absurditäten zeigt sich Koze auf „Amygdala“ von seiner ernsteren Seite.

Wenn er Ada auf „Homesick“ einen der traurigsten Kings Of Convenience-Songs über Heimweh singen lässt oder sich im Titelsong in introspektiven Glockenspiel-Einlagen verliert, kann man sich schon mal Sorgen um das seelische Befinden des Herrn Kozalla machen. Seine Vorliebe für Soul-Musik, die er ja mit seinen International Pony-Kollegen Erobique und Cosmic DJ teilt, ist auf diesem Album mehr zu spüren als je zuvor. Sogar aus Hochkultur-Langweiler Dirk von Lotzow kitzelt er in der letzten Hälfte von „Das Wort“ eine überraschend gefühlvolle Curtis Mayfield-Imitation herraus.

Überhaupt schafft Koze es, die immense Gäste-Liste – Caribou, Apparat, Matthew Dear – zu seinen Gunsten zu nutzen: statt das Album durch zu viele verschiedene Stile zu zerfasern, findet er bei jedem seiner Gäste eine ästhetische Gemeinsamkeit, die dann einen Track lang zelebriert wird. Somit ist „Amygdala“ vielleicht das kohärenteste Werk, an dem DJ Koze je gearbeitet hat. Es ist vor allem der Verzicht auf billige, wenn auch unterhaltsame, Scherze, die das Album so pointiert machen. Koze hat so mehr Zeit sich auf die komplette Palette von Gefühlen zu konzentrieren: Euphorie, Melancholie, Depression, Angst – alle sind sie dabei.

Dabei war Humor bei DJ Koze immer schon mehr als reiner Selbstzweck. Der Klassenclown ist ja deshalb so beliebt, weil er auch in der schlimmsten Situation noch einen Witz entdeckt und ihr damit den Schrecken nimmt. Auf „Amygdala“ zeigt DJ Koze nun , dass selbst eine Frohnatur wie er nicht vor emotionaler Zerrüttung gewappnet ist. Auch das ist irgendwie beruhigend.


Tracklist:

  1. Track ID Anyone? (Feat. Caribou)
  2. Nices Wölkchen (Feat. Apparat)
  3. Royal Asscher Cut
  4. Magical Boy (Feat. Matthew Dear)
  5. Das Wort (Feat. Dirk Von Lowtzow)
  6. Homesick (Feat. Ada)
  7. La Duquesa
  8. Marilyn Whirlwind
  9. My Plans (Feat. Matthew Dear)
  10. Don’t Lose My Mind
  11. Amygdala (Feat. Milosh)
  12. Ich Schreib‘ Dir Ein Buch 2013 (Feat. Hildegard Knef)
  13. NooOoo (Feat. Tomerle & Maiko)

(Pampa Records)