Der Ex-Technopionier Jamie Lidell ist mittlerweile eine Ein-Mann-Band. Sein aktuelles Album „Jamie Lidell“ hat nicht mehr viel mit dem elektronischen Sound seines Super_Collider-Projektes zu tun, mit dem ihm Ende der 1990er sein Durchbruch gelang.
Nach den Metropolen Paris, London und Berlin ist Jamie Lidell in Nashville gelandet: dem Zentrum der amerikanischen Musikindustrie und der Weltstadt des Country. Dort nutzt er den Luxus eines riesigen Tonstudios. Im Keller mit dicken Backsteinwänden klingen dann auch die 1980ies-Drums auf den Tracks so richtig fett. Das macht sich gut in einem Album, das wie gewohnt poltert und in dem Synthies konsequent auf der gesamten Lände der Songs durchpuckern. Inklusive der Soloparts in einigen Tracks klingt das nach einer Rückbesinnung Jamie Lidells auf die Musik vergangener Jahrzehnte, vor allem auf den Funk von Bootsy Collins. Dieser Schein trügt nicht: in letzter Zeit hörte Jamie Lidell viel 1970ies-Funk von Odyssey und Zapp und bewunderte die IDM-Kaskapaden des Londoner Actress, sagte er im De:Bug-Interview. Der minimale Aufbau von Actress-Tracks sind ihm zumindest eine Inspiration: auch die Songs auf „Jamie Lidell“ kommen bis auf Ausnahmen ohne langes Intro und Chorus aus, der Beat schiebt alles.
Über die gesamte Albumstrecke wirkt Lidell wie ein Crooner, einer dieser älteren Herren, die allein kraft ihrer Stimme und Souveränität schon lässige Eleganz rüberbringen. Da braucht er auch keine Unterstützung von anderen Gastmusikern wie Feist und Gonzales wie auf dem Vorgängeralben. Jamie Lidell schafft es auch im Alleingang, Erinnerungen an die glanzvollen Großproduktionen von Prince und Michael Jackson zu wecken. Nur auf der Gesamtlänge des Albums wirkt diese musikalische Formel ermüdend: bereits nach der Hälfte des Albums beschleicht einem das Gefühl bereits alles gehört zu haben.
Tracklist:
- I’m Selfish
- Big Love
- What A Shame
- Do Yourself a Faver
- You Naked
- why_ya_why
- Blaming Something
- You Know My Name
- So Cold
- Don’t You Love Me
- In Your Mind