TM404: Eine Verbeugung vor analogen Synthesizern

TM404
Zahlenkombinationen wie 303 oder 808 können in verschiedenen Kontexten entweder Unverständnis oder schiere Begeisterung auslösen. Letztere vor allem bei traditionsbewussten House- oder Technoweisen, die mit den Zahlen instinktiv die elektronischen Musikinstrumente TB-303 und TR-808 assoziieren. In Reminiszenz an ihre Herstellerfirma Roland und die entsprechende Modellreihe legte sich Andreas Tilliander (auch bekannt als Mokira) den Künstlernamen TM404 zu und nannte praktischerweise auch gleich noch sein Album so, auf welchem er zur Produktion seiner Tracks ausschließlich Roland-Geräte nutzte. Im Interview fragte BLN.FM natürlich, was er an diesen Geräten so faszinierend findet.

TB303_Front_View

Was sich für den Instrumentehersteller Roland 1981 zunächst als grandioser Flop entpuppte, sollte später die elektronische Tanzmusik revolutionieren: der Analogsynthesizer „Transistor Bassline 303“, kurz TB-303 oder bei Liebhabern einfach nur 303 genannt. Ende der 80er entdeckten House- und Technoproduzenten wie Phuture das Gerät von Roland-Supervisors Tadao Kikumoto für sich und entlockten ihm verschwurbelt blubbernde oder zwitschernde Basslinien, die der Musik den Namen „Acid-House“ einbrachte. Auch der heute 35-jährige Tilliander war fasziniert von den neuen Klängen: „Ich wuchs in den 90ern auf und hörte diese ganze Acid-Musik und so wurde die 303 zu einer Leidenschaft“, erzählt er. Da ist es nur logisch, dass der aus dem schwedischen Hässleholm stammende Produzent auch selbst ein paar der Maschinen besitzt. Als die zweite dazu kam, fragten ihn Freunde, wozu er die denn brauche, schließlich sei es unmöglich, mehr als eine 303 im selben Track zu benutzen.

Andreas Tilliander_Foto von Philipp Weichenrieder [1024x768]

„Irgendwann hatte ich eine dritte und ich dachte, ‚okay, ich beweise es, dass es möglich ist, einen Track mit drei 303en zu machen'“, sagt Tilliander. Sein Ehrgeiz war geweckt und so experimentierte er mit ein paar Roland-Geräten herum und filmte sich dabei. So entstanden die ersten TM404-Tracks, zunächst ohne der Absicht, daraus ein Album zu machen. Durch die Videos, die er auf Youtube stellte, interessierten sich verschiedene Labels für das Material. Unter anderem Kontra-Musik, auf dem „TM404“ Anfang Februar erschien (zur BLN.FM-Review).

Die Musik verzichtet fast durchgängig auf Bassdrums und ist eher experimentellem Ambient oder ruhiger Dubelectronica als Techno zuzuordenen. Die Roland-Instrumente ermöglichen es kaum, musikalische Ideen exakt umzusetzen und so beschreibt Tilliander, dass bei den Produktionen auch etwas Glück ausschlaggebend war, dass es am Ende auch gut klingt. Die Einschränkungen wirkten aber zugleich befreiend und so genoss er das intuitive, experimentelle Arbeiten.

Zu seinen bereits vorhandenen Produzentenpseudonymen wie Lowfour oder Mokira passte die Musik aber irgendwie nicht, und so entschied er sich für TM404: „Als Roland all diese legendären Geräte baute – von den Synths 101, 202, 303 und dann die ganzen Drummachines 505 bis zu 909 – nannten sie nie eine ‚404‘ weil das Wort ‚vier‘ auf japanisch auch ‚Tod‘ bedeutet“, erklärt der Wahlstockholmer. „MC-202 steht für ‚Micro Composer 202‘ und TB-303 für ‚Transistor Bass 303‘ und meine Freunde und ich überlegten, was die 404 sein würde. Und wir kamen auf ‚Transistor Marimba‘. Es ist nur ein dummer Witz“ fügt er hinzu und lacht.

Dass die Musik kein Witz, sondern durchaus ernstzunehmen ist, beweist Tilliander mit seinem Album, mit dem er den Produktionsprozess für den Hörer erfassbar macht. Von seinen produzierten Tracks sind zudem einige nicht auf dem Album und sollen im Laufe diesen Jahres als Singles herauskommen.

Das BLN.FM-Interview mit TM404 hier zum Nachhören:

http://soundcloud.com/bln-fm-im-fokus/im-fokus-artistcheck-tm404

(Foto oben: Pressefoto; Foto Mitte: Roland TB-303 von Steve Sims via Wikimedia Commons; Foto unten: Tilliander nach dem Interview von Philipp Weichenrieder)