Das wird: „BWPWAP“ – transmediale 2013

Snake River and Grand Tetons go BWPWAP © Ansel Adams

So schnell kann es gehen: Seit einer Abstimmung von Wissenschaftlern der Internationalen Astronomische Union (IAU) am 24. August 2006 ist unsere Galaxis um einen Planeten ärmer. Pluto verlor an diesem Tag seinen Status als Planet. Von einem Tag auf den anderen änderte sich, was wir über unser Sonnensystem in der Schule gelernt hatten. Das kosmische Objekt selbst hingegen zog unverändert seine Bahnen weit draußen. Seitdem verwenden Internet-Nutzer die Abkürzung „BWPWAP“ („Back When Pluto was a Planet”, „damals, als Pluto ein Planet war“) für alle Phänomene, die in kurzer Zeit eine einschneidende Veränderung erfahren haben. 2013 beschäftigt sich das Festival für digitale Kunst und Kultur, die transmediale, mit solchen Phänomenen. Sie findet vom 29.1. bis zum 3.2.2013 im Haus der Kulturen (HKW) statt, zum zweiten Mal unter der künstlerischen Leitung von Kristoffer Gansing.

BWPWAP steht für Phänomene, über die wir von einem Tag auf den anderen anders denken

Im Begriff „BWPWAP“ verbirgt sich eine interessante Erkenntnis: Definitionen, zum Beispiel darüber, was ein Planet ist, sind kulturell und können durch Entdeckungen und Erfindungen erschüttert werden. Das betrifft nicht nur die gängige Auffassung unseres Sonnensystems. Eine neue Technologie wie das Internet ändert die Produktion und Nutzung von Medien, und so auch die Art und Weise wie wir denken und handeln. Das Neue bedroht das Etablierte und stellt scheinbar Gegebenes in Frage.

Bei der „transmediale 2013“ werden vier Bereiche „BWPWAP“ gesetzt, also im Wandel der Zeit betrachtet und dann in die Zukunft gedacht: „Users“, „Networks“, „Paper“ und „Desire“. Wenn es um Wünsche und Verlangen im Themenstrang „Desire“ geht, diskutieren Künstler, Gender-Aktivist und Porno-Theoretiker, was durch Online-Porno und Spam mit unseren sexuellen Wünschen passiert. Im Strang „Paper“ geht es um das Trägermedium Paper: Die wachsende Anzahl von E-Books ändert unseren Umgang mit Büchern und Texten und ermöglicht bestimmte Kunst. Was wird aus dem Papier in der „post-digitalen“ Zeit? Für das Thema „Networks“ errichten das Kollektiv Telekommunisten und raumlaborberlin ein Rohrpostsystem, welches die Räume im Haus der Kulturen der Welt miteinander verbindet. Die „Misskommunikationsplattform“ „Octo“ ist eine Parodie sozialer Netzwerke und erinnert an die Berliner Rohrpost, die seit 1876 Briefe und kleinere Nachrichten per Druckluft durch die Stadt schickte.

OCTO P7C-1. Installation by Telekommunisten, Design: Jonas Frankki

Eine Woche „BWPWAP“ entspricht umgerechnet einem Pluto-Tag. Das Programm umfasst Ausstellungen, Performances, Filme, wissenschaftliche Vorträge und Workshops. Zur Eröffnung wird noch einmal über den Status Plutos als Planet abgestimmt. Zu Gast ist der Astronom Michel E. Brown, der am 26. August 2006 maßgeblich die Disqualifikation Plutos als Planet betrieb („The man who killed Pluto“, 29. Januar, ab 17:30). Aber warum ist es wichtig, dass Pluto ein Planet ist? Warum so viel Lärm um solche Klassifizierungen? Dieser Frage wird der kanadische Wissenschafts– und Sprachphilosoph Ian Hacking bei der McLuhan-Lecture am 30.1.2012 (18:30) nachgehen.

Was können und wollen wir überhaupt lernen, wer sind unsere Lehrer? Ist Medienkunst viel zu anstrengend oder beeinflusst sie nachhaltig den Umgang der Menschen mit Medien? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Ausstellung „The Miseducation of Anya Major“. Sie umfasst eine Retrospektive der Künstlerin Sonia Sheridan, die Gruppenausstellung „Tools of Distorted Creativity“ und das „Evil Media Distribution Centre“ des Duos YoHa.

Performance  unter dem Titel "-logy " zum Thema "Networks" vonVanessa Gageos. Foto: © Benoit Piccand
Performance unter dem Titel „-logy “ zum Thema „Networks“ vonVanessa Gageos. Foto: © Benoit Piccand

Filme, schrieb André Malraux, sind nichts anderes als erdachte Museen. Im „transmediale“-Filmprogramm “Everything but Planets” hat darin auch alles Platz – außer Planeten. Zu den Höhepunkten der Videokunst zählt das Werk von Elizabeth Price, die 2012 den renommierten Turner-Preis gewann. Ihre Arbeiten sind in den Filmvorführungen „Too Many Things“ (Samstag 14:30) und „Toute La Mémoire Du Monde“ (Sa 18:00 Uhr) zu sehen. Gezeigt wird auch ihr prämiertes Video „The Woolworths Choir of 1979“, in dem Price Bilder eines Kaufhausbrands mit dem Auftritt einer Rockband und Architektur-Aufnahmen gotischer Kirchen kombiniert. Durch harte Schnitte zwischen den Bildern entsteht ein Rhythmus aus Schnipsen, Klatschen, Beats und Chor.

Am Samstag wird zu dem Künstler, Regisseur und Guru Alejandro Jodorowsky geschaltet. Per Video-Gespräch wird in der Veranstaltung „In the Jodoverse and Beyond“ mit Jodorowsky über den Einfluss von Comics auf unsere Weltsicht diskutiert. Danach zeigen Demdike Stare und Gatekeeper audiovisuelle Live-Performances, die vom „Jodoverse“ inspiriert sind. Demdike Stare untermalen ihren düsteren elektronischen Soundtrack mit Bilder des Jodorowsky-Moebius-Comics „The Incal“. Das Duo Gatekeeper aus New York präsentiert ihr neuestes musikalisches Science-Fiction-Werk „Exo“ in Form eines Videospiels in 3-D.

 

Checke das komplette Programm der „transmediale“!

 

Gatekeeper © Tabor Robak / all rights reserved Hippos In Tanks 2012

Zeitgleich zur „transmediale“ findet vom 28.1. bis 4.2.2013 die CTM.13 statt, auf der Skream, Pantha du Prince & The Bell Laboratory und Simian Mobile Disco tanzbare bis experimentelle Clubmusik vorstellen.

Wir ver­lo­sen 2 Freipässe für die „transmediale 2013“!

Kli­cke hier um mit “BWPWAP” als Kenn­wort an der Ver­lo­sung teil­zu­neh­men. Ein­sen­de­schluss ist der 27.01.2013, 18:00 Uhr.

Haus der Kul­tu­ren der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10, Berlin-Mitte, Bus 100: Haus der Kul­tu­ren der Welt. 29.01.2013 – +03.02.2013, täg­lich 10 – 23 Uhr, Ein­tritt: Fes­ti­val­pass 90€ / ermä­ßigt 70€, Tickets für Ein­zel­ver­an­stal­tun­gen  (10-12 Euro) kön­nen geson­dert erworben werden