Vorbei die Zeiten in denen Klangkunst für ein Instrumentarium wie „präpariertes Klavier“ oder „zehn Kassettenrecorder“ entwickelt wurde. Der Soundartist von heute bedient sich lieber gleich einer Technologie, die sich hinter dem Namen „Wave Field Synthesis“ verbirgt und bei der gleich mehrere hundert, ringförmig angeordnete Lautsprecher eingesetzt werden. Die Wave Field Synthesis, zu Deutsch Wellenfeldsynthese (WFS), ist eine aufwändige und kostspielige Technologie, die bislang aus eben diesen Gründen nur einem kleinen Kreis von Künstlern vorbehalten war: Darunter auch die Studenten des Masterstudiengangs Sound Studies der UdK Berlin. Unter Anleitung von Prof. Robert Henke, dem Leser vielleicht eher unter seinem Künstlernamen Monolake bekannt, hat eine Gruppe von ihnen nun Werke für die Wellenfeldsynthese geschaffen, die im Rahmen der Club Transmediale im HAU 2 gezeigt werden.
Was für ein Erlebnis erwartet den Besucher bei einem Besuch der Installationen? Bei der Wellenfeldsynthese, einem computergesteuerten Verfahren, wird ein Feld von Schallwellen berechnet, das im Raum an bestimmten (oder sich ändernden) Positionen Klangquellen anzeigt. Auf diese Weise können akustisch Räume geschaffen werden, die mit dem realen physischen Raum nichts gemeinsam haben müssen. Neben der Möglichkeit, virtuelle Räume darzustellen, soll die Wellenfeldsynthese in der Lage sein, die virtuellen Klangquellen an bestimmten Punkten innerhalb oder außerhalb des Lautsprecherrings „erscheinen“, oder sich durch den Raum bewegen zu lassen. Der Rezipienten bringt die Klangquellen dabei nicht mit physischen Objekten, wie Lautsprechern oder einem Instrument, in Verbindung.
Und genau so wird es auch auf der Seite des Veranstalters CTM, welche die Technologie übrigens als „auditives Äquivalent zum 3D-Kino“ zusammenfasst, angekündigt: Die Beiträge sollen „von ruhigen, intimen Bewegungsstudien über tosende Teilchenstürme, die direkt durch den Kopf und das Gehirn wirbeln, bis zu interaktiven audiovisuellen Arbeiten reichen.“ …durch den Kopf und das Gehirn? Nun ja, die Wellenfeldsynthese, so ist es auf der CTM-Seite zu lesen, ist die einzige Technologie mit der eine Schallquelle nicht nur überall im Raum, sondern auch im Kopf des Rezipienten simuliert werden kann. Dieser Effekt wird durch die große Anzahl einzeln gesteuerter Lautsprecher (im Fall der Installationen im HAU 2 sind es „nur“ 192) möglich. Gemeinsam erzeugen sie Wellenfronten, die man sich auch gut als akustische Entsprechung von Pixeln vorstellen kann. Je höher die Anzahl der Pixel, desto realistischer der dabei entstehende Eindruck! Eigentlich ein ganz simpler Gedanke, der hinter dieser immens aufwändigen Technologie steckt. Dem hohen Kostenaufwand ist es dabei geschuldet, dass Wellenfeldsynthese- Soundsysteme bislang nur selten in kommerziellen Kontexten zu finden sind. Eine Ausnahme bildete 2008 zum Beispiel die temporäre Installation eines Wellenfeldsynthese- Systems im Berliner Tresor, eine Gelegenheit zu der – na wer wohl? – Robert Henke eingeladen wurde, um die heiligen Techno-Hallen zu bespielen.
Also, jetzt bitte mal alle Scheu vor zeitgenössischer Klangkunst vergessen, denn rein technisch gesehen bringt die WFS alles mit, um sich vom Klang wie im Club davontragen zu lassen und einzutauchen! Ob das mit den Installationen bei der CTM genauso gut gelingt – einfach ausprobieren! Die Installationen sind während der CTM.13 vom 29.1. – 2.2. im HAU 2 (Probebühne) täglich von 16 – 20 Uhr zu bestaunen. Der Eintritt ist frei.
(Text: Sarah Brosseder, Fotos: Robert Henke)
Hebbel am Ufer 2 (HAU 2), Hallesches Ufer 32, Berlin-Kreuzberg, U-Bahn: Möckernbrücke