Chaotische Ordnung oder ordentliches Chaos – beides umschreibt passend die neue Kollektion des bulgarischen Designers Vladimir Karaleev, dessen Grundsatz der Gegensatz ist: Raffinierte Schnitte, die nie ganz eng am Körper sitzen sollen, dazu eine Mischung verschiedenster Materialien – schweres Leinen und dicke Wolle aber auch filigrane Transparente. All das wird umrahmt von den für Karaleev typischen ungesäumten, fransigen Kanten.
Karaleevs Kleidung ist ein Experiment – etwas Neues, das an manchen Stellen zu scheitern droht, doch das Ergebnis kann sich sehen lassen! Die Kreationen sind gerade so gewagt, dass sie nicht den schmalen Pfad der Tragbarkeit verlassen. Karaleevs Kollektion kann man sich gut auf Berlins Straßen vorstellen, sind sie doch „sophisticated“ genug für den Mitte-Menschen aber auch ausreichend frech für den Kreuzköllner. Zudem ist es die erste Saison, in der Karaleev auch für Männer entwirft. Der stärkste Look auf dem Runway ist eindeutig die Kombination eines schwarzen Ledershirts in Sweatshirtform, gepaart mit einer High-Waist-Shorts. Nichts Außergewöhnliches, aber auf dem Laufsteg wirkt dieses Outfit so auffallend sexy, dass auch der „Instagram“-fanatische Blogger in der letzten Reihe fasziniert von seinem Smartphone aufblickt.
Die restlichen Outfits überzeugen besonders mit ihrer sportlichen Eleganz, die immer wieder durch kleine Raffinessen unterbrochen wird: Ein Wollkleid wird an ein Jackett genäht, auf einen Mantel setzt Karaleev noch eine Weste drauf und ein klassisches Männer-Sweatshirt ist so kurz, dass es kaum die Brustwarzen bedeckt. Farblich bewegt sich Karaleevs Kollektion zwischen Königsblau über Tannengrün bis hin zu hellem, warmem Ocker und unschuldigem Weiß, dass sich nur schwer vom hellen Catwalk unterscheiden lässt. Die Models tragen zerzauste Zöpfe, die von zerfeierten Nächten zeugen und eine starken Kontrast zu ihren makellosen rot leuchtenden Lippen bilden.
Karaleevs Show war eine der letzten auf dieser Fashion Week, doch nicht nur aus diesem Grund wird sie den meisten noch lange in Erinnerung bleiben: Die Outfits sind wie gemacht für das Berliner Publikum.
(Fotos: Kirstin MacLeod)