Weniger Arbeitslose, genauso viel Armut

Foto: Songkran, Creative Commons/CC BY-NC-SA 2.0

Die Zahl der Arbeitslosen in Berlin ist im Dezember 2012 auf 205.231 gestiegen. Das entspricht zwar 0,2 Prozent mehr als im November, aber 0,7 Prozent weniger als im Dezember 2011. 11,6 Prozent aller diejenigen, die arbeiten wollen und könnten, sind somit ohne Erwerbsarbeit, teilte die Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag mit. Dabei sank die Zahl der jüngeren Arbeitslosen zwischen 15 und 25 Jahren im Vergleich zum Vormonat um 1.151 auf 18.741 Personen. Die zuständige Berliner Senatorin, Dilek Kolat (SPD), lobt diese Zahlen: „Damit sind wir unserem Ziel die Jugendarbeitslosigkeit auf unter 10 Prozent zu senken, einen großen Schritt nähergekommen“.

Positiver Konjunkturtrend

Doch was bedeuten diese Zahlen? Die Bundesagentur für Arbeit selbst nennt den Anstieg im Vergleich zum November „saisonüblich“. Der Chef der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, Dieter Wagon, spricht von der „niedrigsten Arbeitslosenzahl in einem Dezember seit 1993.“ Es gibt Grund zur Annahme, dass der Abwärtstrend bei der Arbeitslosigkeit weiter geht, denn die wirtschaftliche Entwicklung sei weiterhin gut. Auch der Konjunkturforscher Karl Brenke bestätigt das in der Berliner Zeitung: Berlin sei „Spitzenreiter“ beim Wirtschaftswachstum unter den Bundesländern – besonders durch das Plus bei Dienstleistungen und Tourismus.

Arbeitslose werden häufig in schlecht bezahlte Jobs gedrängt

Dabei kaschiert die positive Entwicklung der Arbeitslosenzahlen, wie viele Menschen in Berlin zu Niedriglöhnen arbeiten, wie sie gerade in den Branchen, auf denen das Berliner Wirtschaftswachstum basiert, üblich sind. Dem DGB zufolge arbeiten in Berlin und Brandenburg etwa 750.000 Menschen in so genannten „atypischen Beschäftigungsverhältnissen“: Dazu gehören Leiharbeit und Minijobs. 2011 gibt es in Berlin 209.000 Minijobs, fast 70.000 mehr als noch 2003 – Tendenz steigend.

Mittlerweile kommt Kritik an den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit auch aus der Behörde selbst. Der Mitarbeitervertreter Eberhard Einsiedler wirft seinem Arbeitgeber vor, dass er Erwerbslose häufig in unterbezahlte Jobs vermittle. Die taz zitiert sein Diskussionspapier: „Einzelne Agenturen erwirtschaften bis zu 70 Prozent ihrer Besetzungserfolge über Leiharbeit.“ Die sei aber meist nur eine zwölfmonatige Zwischenlösung und schaffe keine Stellen, so Einsiedler. Was bei der Arbeitsagentur zähle, sei die Anzahl der vermeintlich erfolgreichen Vermittlungen, nicht die Qualität der Jobs.

Dass Erwerbsarbeit nicht automatisch mehr Wohlstand bedeutet, lässt sich aus den Angaben zur Armut des Berliner Statistikamts folgern. Danach waren 2011 15,5 Prozent der Berliner armutsgefährdet, 2006 waren es noch 4,2 Prozent. Von den 18 bis 25 Jährigen leben 28 Prozent im Armutsrisiko.

(Foto: Songkran, Creative Commons/CC BY-NC-SA 2.0)