Eine Million Euro darf Katja Lucker, Berlins neue Musikbeauftragte, 2013 erstmals für die Popkultur in Berlin ausgeben. BLN.FM berichtete. Doch noch bleibt vieles im Ungefähren. Das kritisiert auch die Berliner Opposition, beispielsweise die Piraten. Erst 2013 soll alles konkreter werden: Konzepte sollen möglichst unter Mitwirkung vieler erarbeitet werden, für die das Musicboard Ansprechpartner ist. Darum tingelt Katja Lucker seit Bekanntgabe ihrer neuen Anstellung durch Berlin, um sich als zentrale Mittlerin zwischen Künstlern, Wirtschaft und Stadt bekannt zu machen.
Zwei Wochen nach Ernennung war Katja Lucker im BLN.FM-Studio und stellte sich den Fragen von Tim Thaler.
BLN.FM: Warum braucht es Förderung im Bereich Pop?
Du musst dir einfach mal angucken, was im Hochkulturbereich gefördert wird und wie viel dahin geht. Verglichen damit ist die Million Euro sehr wenig Geld. Und die Musiker sagen selbst: ‚Na klar, wir wollen sowas wie die Villa Massimo für den Pop! Warum gibt es nur für Künstler der Hochkultur Residenzen, wo sie in Ruhe eine Zeit lang arbeiten können?‘ Das ist ja etwas, was es für den Pop-Bereich kaum gibt.
BLN.FM: Dann lass uns doch mal den Pop-Bereich definieren: Ist denn dann auch der sogenannte „Underground“ Pop für dich?
Auf jeden Fall! Wenn das Brunnen70 Performances macht und seine Räume mit Techno, Pop, Kunst und solchen Sachen bespielt, dann ist das auf jeden Fall Popkultur, so man das noch „Underground“ nennen will.
BLN.FM: Wo ziehst du die Grenze?
Ich ziehe da eigentlich gar keine Grenze. Ich würde ganz grob sagen: Alles, was nicht Hochkultur ist, das ist Popkultur im weitesten Sinne.
BLN.FM: Wie ist dein Plan für den Januar 2013, wenn auf das Konto des Musicboards eine Million Euro überwiesen werden?
Ich bekomme schon Anfragen und Leute schreiben mir, dass sie mit mir arbeiten wollen. Aus dem Geldtopf werden wir nach drei Schwerpunkten fördern. Erstens wird es Nachwuchsförderung geben. Damit sind gute Projekte gemeint, die Macher und Künstler vernetzen. Das kann ein junges Label sein, ein Ort oder eine neue Plattform, bei der sich Popkulturmachende der Stadt zusammengetan haben. Ein anderes Thema werden Clubs und Schallschutz sein. Leider sind ja Schallschutzmaßnahmen in der Regel sehr teuer, die lassen sich nicht aus dem Budget finanzieren. Aber kleine finanzielle Hilfen, um an Gelder zu bekommen, wie beispielsweise bei der Lottostiftung, sind bestimmt möglich. Da wollen wir gucken, was wir machen können und ein „Mapping“ erstellen. Das meint, zu schauen, was ist eigentlich wo in der Stadt und welche Gefahren für bereits existierende Clubs lauern dort. Dann können wir vielleicht frühzeitig so intervenieren, dass es nicht zum Clubsterben kommt. Ein weiteres Thema wird die Evaluation sein: Was haben wir eigentlich in Berlin schon? Es gibt Popkultur-Förderung in der Stadt über verschiedene Stellen beim Senat – ich will das Ganze noch mal sichtbar und transparent machen, sodass alle wissen ‚Okay, das gibt es, da kann ich mich bewerben und da kann ich einen Antrag stellen.‘
BLN.FM: Konkret: Was 2013 gefördert wird, das steht noch nicht fest?
Es gibt keine Namen bisher. Und die Entscheidungen fälle ich ja nicht allein. Klar, es gibt das Intendantenprinzip. Trotzdem bin ich nicht alleine und suche mir gerade einen total fitten Beirat. Das sind sieben bis neun Menschen, die aus verschiedenen Bereichen kommen werden und mich beraten.
BLN.FM: Deine Büromannschaft, die Büroräume und die komplette Infrastruktur werden ja auch aus der Million bezahlt. Dafür geht wahrscheinlich ein großer Posten drauf. Hunderttausend, hundertfünfzigtausend, zweihundertausend Euro.
Kann gut sein. Also 2013 wird es vielleicht erstmal verhältnismäßig mehr sein, wegen den Anschaffungskosten für die Infrastruktur. Wir brauchen halt Computer, Telefon und so weiter.
BLN.FM: Da schrumpft die Förderungssumme erstmal zusammen auf 800.000 Euro.
Klar. Die genauen Zahlen habe ich noch nicht parat, aber das könnte ich mir vorstellen. Aber mindestens zwei Drittel der Million sollen in die Stadt, in Projekte, in Themen gehen. Und ich will diese Million natürlich vermehren. Da habe ich schon Gespräche geführt mit potentiellen Partnern, wo man nachdenken könnte, dass man Dinge vielleicht zusammen macht. Vielleicht gibt es auch private Mäzene.
BLN.FM: Du selbst hast jahrelang für die Kulturbrauerei gearbeitet, nebenbei auch andere Veranstaltungen gemacht und viel genetzwerkt. Wie willst du vermeiden, dass der Vorwurf der „Vetternwirtschaft“ aufkommt?
Ich bin so stark vernetzt in der Stadt, dass praktisch alles „Vetternwirtschaft“ sein könnte, weil ich unglaublich viele Leute kenne. Aber es wird funktionieren, weil es am Ende immer um Expertise geht und nicht um Freundschaft.
BLN.FM: Wer muss denn dann was machen, um an den Topf mit der Million zu kommen?
Das Prinzip soll „Call For Concepts“ sein. Das bedeutet, es soll keine starre Förderstruktur geben und keine Anträge, die vorgefertigt sind. Aber es wird natürlich Vorgaben geben. Dazu gehört eine Kalkulation, die einzureichen ist. Und dann muss natürlich die Idee überzeugen. Wenn sich also zum Beispiel drei Partner in der Stadt zusammentun und sich etwas ausdenken, was es so noch nicht gibt, und was dem künstlerischen Nachwuchs, in welcher Form auch immer, zugute kommt, dann ist das etwas, was ich mit dem Beirat beraten würde.
Das ganze Studiogespräch zum Nachhören:
(Tim Thaler, Alexander Koenitz, Foto: Senatskanzlei)