Fünf unvergessliche Konzerte für 2012

Soap & Skin

von Poyraz Hannutoglu

Soap & Skin von Zanthia
Soap & Skin von Zanthia

Wenn Soap & Skin ein Konzert gibt, dann ist das ja immer etwas Besonderes, irgendwas zwischen Theater- und Musikabend. So war es auch am 21.September 2012 im Astra Kulturhaus. Bereits zum vierten Mal hatte ich das Vergnügen, diese Ausnahmekünstlerin aus der Steiermark live zu erleben. Sie war schon immer gut, schien allerdings auch etwas befangen und vermittelte dadurch das Gefühl der Inszenierung. Im Astra war das anders: Ein siebenköpfiges Kammermusikensemble samt Chor machte aus ihrer Musik durchkomponierte Liedkunst und ihre Bühnenshow zu einem absoluten Spektakel. Und das Beste kam noch: Im Merchandise wurde eine kleine Anzahl an Klavierpartituren für einige ihrer Stücke mit handgeschriebenen Lyrics angeboten – ein absoluter Glücksmoment und etwas, das heutzutage leider viel zu selten gemacht wird. Um es in Plaschg‘s Worten zu sagen: „You made me smile with my heart!“

Die Antwoord

von Matthias Hummelsiep

Die Antwoord Live von aktivioslo
Die Antwoord Live von aktivioslo

Das dickste Ding 2012 war für mich das Konzert der südafrikanischen Super-Prollos Die Antwoord am 19. Juni. Eigentlich geht’s im Berghain ja eher ernster, düsterer und bisweilen auch kontrollierter zu. Umso befreiender war es, dass man zum völlig bekloppten Trash-Rave von MC Ninja und seiner zierlichen Freundin Yolandi Vi$$er auf dem Floor des Berghain mal so richtig ausgelassen pogen und toben konnte! Kein T-Shirt blieb trocken, kein Schuh unbefleckt. Vorab ließen die putzig anmutenden Wellenbrecher vor der Bühne und an der Seite wartender Sanitäter bereits erahnen, was hier gleich abgehen wird. Eine Stunde lang wurde gerappt, gesprungen, “Fuck”-Salven durch’s Mikro abgefeuert und MC Ninja griff sich dabei mit kalkulierter Regelmäßigkeit in den Allerwertesten, welchen ich übrigens auch noch zu spüren bekommen sollte: Beim spontanen Stage-Diving mit Anlauf landete der nur mit Jogginghose bekleidete MC Ninja mit seinem Schritt ausgerechnet über meinem Kopf, wo dann in reflexartiger Abwehrhaltung auch meine Hand landete. Selten so eine fröhliche und ausgelassene Stimmung im Berghain gehabt!

Swans

von Ima Johnen

Swans am 3. August im Berghain von Ima Johnen
Swans am 3. August im Berghain von Ima Johnen

15 Jahre hatte man nichts mehr von den Swans gehört; der mangelnde (wirtschaftliche) Erfolg hatte zur Auflösung der Band geführt. Dennoch hatte ihre kompromisslose Musik und vor allem auch der Ruf ihrer extremen Konzerte sie in die Liga der Kultbands erhoben. Es verwundert daher nicht, dass das Konzert im Berghain äußerst gut besucht war. Zwar ist die Location mehr für elektronische Musik bekannt, dennoch passte die Band wie kaum eine andere in diesen metallisch kalten, industriell geprägten Ort. Und wie von einer Kultband zu erwarten tummelte sich an diesem Abend ein Mix aus jungen Hipstern, die wohl nicht ahnen konnten, was da auf sie  zukommen würde und alten Fans, die neugierig darauf waren, ob die Swans ihrem alten Ruf gerecht werden würden. Und ob sie es wurden! Ja, laut bis zur Schmerzgrenze waren sie – die am Eingang verteilten und mit verwunderten Schmunzeln akzeptierten Ohrstöpsel haben so einigen das Gehör gerettet. Die oft langen, sich immens steigernden Tracks des neuen Albums „The Seer“ – definitiv eines der gelungensten Comeback-Alben des Jahres 2012 – waren von einer in Trance versetzenden Intensität, die in der heutigen Konzertflut ihresgleichen sucht. “Seelisch beflügelnd und körperlich zerstörend” – so lautete damals schon das Credo von Mastermind Michael Gira. Dieses passte damals wie heute. Unvergessen!

Nik P.

von Jessica Schmidt

Nik P live bei "Immer wieder Sonntags in Rust" (Europa-Park) von Martin Black
Nik P live bei „Immer wieder Sonntags in Rust“ (Europa-Park) von Martin Black

Wer kennt ihn nicht, den österreichischen Schlagersänger und Tausendsassa Nik P? Da er die meiste Zeit seines Lebens mit der Gitarre auf dem Rücken auf seiner Harley die Küste entlangbraust, muss es wohl eine glückliche Fügung Gottes gewesen sein, dass er und ich zur gleichen Zeit in der Lichtstadt Jena waren. So durfte ich Augenzeuge eines wahren Naturereignis werden: Die voll krasse Bühnenshow von einem der letzten, lebenden Sexsymbole. Unter den Augen einer Meute lüsternder 80 Jähriger, holte er alles raus, was die billige Anlage des Einkaufszentrums hergab. Die Senioren rasteten völlig aus, und einigen fiel vor Freude fast ihre Dritten aus dem Gesicht! Nie habe ich jemanden ein Publikum, bestehend aus Halbtoten auf Psycho-Drogen, so rocken sehen. Schön war’s! … ach und lieber Gott, wenn du das hier liest: Danke nochmal!

Radiohead

von Oscar Vetter

Radiohead am 29. und 30. September in der Wuhlheide von Rockzoom
Radiohead am 29. und 30. September in der Wuhlheide von Rockzoom

Radiohead umgeben schon seit spätestens 1997 mit OK Computer eine Aura des Unantastbaren. Niemand wagt es über Thom Yorke, die Greenwood-Brüder, Ed O’Brien, Philip Selway auch nur ein schlechtes Wort zu verlieren. So hatte ich bei einem der beiden Nachholkonzerte in der Wuhlheide nach einer verpassten Gelegenheit vor 10 Jahren endlich wieder die Chance mir selbst ein Bild zu machen. Und was für eins. Sie fuhren eine gigantische Lightshow auf und boten extra-wumms mit zweitem Drummer – dem Portishead-Mitglied Clive Deamer. Mehr zum Konzert im BLN.FM So war’s. Bereits mit dem Opener „Lotus Flower“ war es um mich – selbst aus der Ferne in den hinteren Rängen – geschehen. Meine audiovisuelle Übermannung hielt nahezu ungemindert ganze 2 Stunden bis zu den Zugaben „Everything In It’s Right Place“ und „Idioteque“. Mit Caribou war auch der Support-Act gut gewählt. Mein absolutes Highlight. Nichts also gegen Radiohead, bitte!

Welches war Dein Konzerterlebnis 2012?