Tennis mit Ton – Robert Rauschenberg und Nine Evenings

Robert Rauschenberg: "Open Score". by Peter Moore. Nachlass Peter Moore/VAGA, NYC.In Zeiten, in denen man mit seinem Handy spricht, seine Spielkonsole mit Handzeichen steuert und digitale Haustiere umsorgt, ist Kunst ohne zeitgemäße Technologie kaum denkbar. Heute lassen Künstler ihre Körper von Computern fernsteuern, schaffen virtuelle Realitäten oder „malen“ am Tablet-PC.

In den 1960er-Jahren, als das Internet noch reine Utopie war, zeugte das Zusammenspiel von Kunst und Technologie von radikalem Innovationsgeist. Einem Meilenstein der Technisierung der bildenden Kunst widmet der Hamburger Bahnhof noch bis Ende Juli 2013 eine dokumentarische Retrospektive. Unter dem Titel „Robert Rauschenberg und 9 Evenings: Theatre & Engineering“ zeigt das Museum für Gegenwartskunst im Monatsrhythmus zehn Videodokumentationen berühmt-berüchtigter Performances. Sie fanden zwischen dem 13. und 23. Oktober 1966 in der „69th Regiment Armory“ in New York statt.

Die performativen Arbeiten wären ohne das technische Know-How der beteiligten 30 Ingenieure nicht realisierbar gewesen. Initiiert wurden die „9 Evenings“ von Ingenieur Billy Klüver und vom Bildkünstler Robert Rauschenberg. Für Klüver war dies nicht der erste Ausflug in die Welt der Kunst, hatte er doch schon 1960 Jean Tinguely bei der Konstruktion einer Skulptur unterstützt, die sich während der Performance „Homage to New York“  selbst zerstört. Neben  Rauschenberg entwickelten auch der Komponist und Künstler John Cage, die Tänzerinnen und Choreographinnen Deborah Hay, Yvonne Rainer und Lucinda Childs, der Maler und Bühnenautor Öyvind Fahlström, der Maler und Choreograph Alex Hay, der Musiker und Komponist David Tudor sowie der Bühnenautor und Videokünstler Robert Whitman eigene Performances, in die sie mit Hilfe der von Klüver vermittelten Ingenieure innovative Technologien aus Fernsehen, Medizin oder Militär integrierten.

Originalplakat der 9 evenings: Theatre and Engineering, 1966, Entwurf: Robert Rauschenberg.

Rauschenbergs Beitrag mit dem Titel „Open Score“ war ein Tennismatch, das die Spieler mit präparierten Schlägern austrugen. Bei jedem Aufschlag der weiblichen Spielerin erklang ein helles „Ping“, bei den Schlägen ihres Gegners dagegen ein dunkleres „Pong“ über die Beschallungsanlage des Aufführungsraumes. Auch schaltete jeder Aufschlag eine Lampe aus der Raumbeleuchtung aus, bis die ganze Halle im Dunklen lag. Im Anschluss an das Match wurden bis dato dem Militär vorbehaltene Infrarotkameras eingesetzt, um das Publikum trotz der Dunkelheit zu filmen. Sein geisterhaftes Bild wurde auf eine Leinwand projiziert.

Fahlström zeigte ein abstraktes Bühnenstück aus lose zusammenhängenden Szenen. Es wurde mit Video-, Film- und Diaeinblendungen, Sprach- und Musikeinspielungen sowie aufwändigen Requisiten wie einem ferngesteuerten aufblasbaren Raketengeschoss ergänzt. Mit technischen Mitteln wurden so neuartige Effekte auf der Bühne generiert und auf kritische Art und Weise thematisiert.

Regisseurin der Performance-Dokumentationen, die aus verschiedensten Archivaufnahmen zusammengestellt wurden, ist die Schwedin Barbro Schultz Lundestam. Vor dem Videoraum ist eine kleine Filmstation aufgestellt. Sie zeigt Zeitzeugeninterviews, die dabei helfen sollen, das Gesehene zu kontextualisieren.

„Robert Rauschenberg und 9 Evenings: Theatre & Engineering“, Videodokumentation bis Juli 2013, Mo-Mi+Fr 10:00-18:00, Do 10-20:00, Sa+So 11:00-18:00, Eintritt (Hauskarte mit Sonderausstellungen) 12€/6€. Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwartskunst, Inva­li­den­str. 50–51, Berlin-Moabit, S-/U-Bahn: Hauptbahnhof.

Wir ver­lo­sen 2×2 Freikarten für „Robert Rauschenberg und 9 Evenings“ im Hamburger Bahnhof!

Kli­cke hier um mit „ROBNINE” als Kenn­wort an der Ver­lo­sung teil­zu­neh­men. Ein­sen­de­schluss ist der 06.01.2013, 17:00 Uhr. Die Freikarten gelten bis Juli 2013 für je einen einmaligen Besuch für zwei.

Termine:

Oktober 2012: John Cage – Variations VII

November 2012: Lucinda Childs – Vehicle

Dezember 2012: Öyvind Fahlström – Kisses Sweeter Than Wine

Januar 2013: Alex Hay – Grass Field

Februar 2013: Deborah Hay – Solo

März 2013: Steve Paxton – Physical Things

April 2013: Yvonne Rainer – Carriage Descreteness

Mai 2013: Robert Rauschenberg – Open Score

Juni 2013: David Tudor – Bandoneon!

Juli 2013: Robert Whitman – The Holes Of Water-3

(Fotos: Promo / Hamburger Bahnhof)