Kamp! – Kamp!

Ich muss ja leider gestehen: Mein Wissen um polnische Musik ist sehr begrenzt. Schande über mein Haupt! Jetzt gab es endlich den entscheidenen Anstoß, diese Wissenslücke zu stopfen. Und zwar Kamp!, drei junge Männer aus Lodz (an dieser Stelle bitte vehement gegen den Vicky Leandros-Ohrwurm ankämpfen!), die sich mit ganzem Herzen dem Indietronic-Electropop verschrieben haben. 2008 als Band zusammengefunden, gründeten Radek Krzyzanowski, Michal Slodowy und Tomas Szapardersky mit Brennnessel auch gleich ihr eigenes Label. Dort erscheint nun das Debütalbum der Band, das genauso heißt wie sie – Vorhang auf für „Kamp!“.

Bereits 2011 erschien die EP „Cairo“, deren Titelsong auch auf dem Album zu finden ist. Hier deuteten Kamp! schon an, wozu sie in der Lage sind: eingängige Pop-Melodien mit einem winzigen Hauch 80er-Jahre-Retrocharme, ein bisschen verträumt, aber nie abgehoben oder weltfremd.

Und dieser Linie folgen die drei Polen konsequent auf ihrem ersten Album: Elf Perlen, aneinandergereiht zu knapp 49 Minuten Spielzeit, eine strahlender als die andere. Wem der Retro-Touch in „Cairo“ gefallen hat, der wird auch „Can’t you wait“ sehr mögen. Ein diffuser Lionel Richie-„All night long“-Spirit umgibt den Song, der jeden auch nur halbwegs rhythmusaffinen Menschen sofort zumindest mit dem Kopf wackeln lässt. Die restlichen Titel nehmen von der ganzen Retromanie jedoch etwas mehr Abstand und überzeugen mit einer fast schon sommerlichen Frische. Die Sommer-Assoziation drängt sich beim Opener „Oaxaca“ besonders auf. Ein bisschen Foster The People, eine Prise Fun. und ein Löffelchen Miami Horror – fertig ist der perfekte Song. Mit Freunden auf einem Floß über einen See dümpeln, den Sonnenschein genießen und dazu schallt dieser Song aus den Boxen – ein Bild wie aus einem hippen VIVA-Einspieler entsprungen. Nur dass der VIVA-Pop meistens nicht einmal halb so gut ist wie das, was Kamp! abliefern. Einer der Höhepunkte ist „Distance of the modern hearts“, ein mit Pianoklängen bestückter und durch Claps vorangetriebener Electropopdiamant, der durch seine leicht anklingende Melancholie so charmant wird.

Noch pflegen Kamp! die Beziehung zu ihren Facebook-Fans komplett auf polnisch, doch die Eroberung der Indietronic-Herzen außerhalb Polens kann nicht mehr lange dauern. Mit dem Trapez als Alternative zum schnöden Hipster-Dreieck gibt es ein Erkennungzeichen, das sogar Trendopfern die Identifikation mit der Band ermöglicht. Alle anderen wissen (spätestens jetzt) einfach die Musik der drei Herren zu schätzen und lassen das Album bis zum Sommer in Dauerrotation laufen.

Tracklist:

  1. Oaxaca
  2. Cairo
  3. Can’t You Wait
  4. Sulk
  5. Melt
  6. Lux Lisbon
  7. Distance Of The Modern Hearts
  8. International Landscapes
  9. Heats
  10. New Frontier
  11. Sirocco

(Brennnessel)