Klimakatastrophe, die Welt im Würgegriff des Kapitalismus und eine immer stärkere Optimierungswut am Wesen Mensch selbst, die in einer Entfremdung von sich selbst und seiner Umwelt mündet: Betrachtet man die Herausforderungen, mit denen sich die Menschheit dieser Tage konfrontiert sieht, verwundert es nicht weiter, dass viele den Kopf in den Sand stecken. Regisseur Benh Zeitlin dagegen schneidet in seinem Regiedebüt „Beasts of The Southern Wild“ gleich alle diese Themen an. Und das ganz ohne Apokalypse und Weltuntergangsstimmung, sondern in Form einer modernen Fabel – mit Poesie, Ästhetik und menschlicher Wärme.
Im Zentrum der Handlung steht die kleine Hushpuppy, die mit ihrem schwerkranken Vater inmitten einer magischen Landschaft in der kleinen Ortschaft „The Bathtub“ in Süd-Louisiana lebt. Ein Leben außerhalb der Zivilisation, die sich hinter einem gigantischen Damm vor Stürmen und Überschwemmungen verschanzt. Die Menschen in Bathtub wohnen in einfachen, zusammengezimmerten Hütten, ernähren sich von der Fischerei und ein wenig Landwirtschaft und sind genauso trinkfest wie lebensfroh. Hushpuppy sagt: „In Bathtub ist jeden Tag Ferien.“ Als ein Sturm Bathtub überflutet und zerstört, stellt sich den Bewohnern die Frage, ob sie in der versalzenden Einöde ausharren oder ihre Freiheit gegen die triste Welt eines Flüchtlingslagers tauschen sollen. Gleichzeitig befreien sich aus dem schmelzenden Eis der Polkappen riesige urzeitliche Kreaturen, die sich auf den Weg machen, Hushpuppy zu fressen.
Benh Zeitlin verbindet in „Beasts of The Southern Wild“ klare, aber trotzdem poetische Bilder mit den weisen Erzählungen Hushpuppys und einer intelligenten Handlung, die – obwohl sie in einer surrealen Märchenwelt spielt – doch viel über die Herausforderungen der modernen Zivilisation aussagt. Dabei wird er aber nicht zu direkt, sodass die Poesie des Märchenhaften erhalten bleibt. Abgerundet wird das Ganze durch die Musik im Stile „Beiruts“, an der der Regisseur selbst mitgeschrieben hat. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass Zeitlin ausschließlich mit Laiendarstellern zusammengearbeitet hat. An dieser Stelle kann die Leistung der Hauptdarstellerin Quvenzhané Wallis gar nicht genug gewürdigt werden. „Beasts of The Southern Wild“ ist ein ergreifendes Kunstwerk, ein surrealer, filmischer Rausch – und wohl das schönste Weihnachtsgeschenk für Filmliebhaber.
(Bilder: MFA+ Filmverleih)
„Beasts of The Southern Wild“, USA 2012, Fantasy-Drama, 92 min. – ab dem 20. Dezember 2012 unter anderem in den Kinos der Yorck-Kinogruppe