Post Mortem: Offshore

Fans des britischen Labels Ninja Tune kennen die Arbeiten von Ewan Robertson alias Offshore wahrscheinlich schon – wenn auch eher unbewusst und auch nicht musikalischen Sinne. Robertson zeichnete als Mitglied der Designagentur Oscar & Ewan mitverantwortlich für die Covergestaltung erfolgreicher Alben wie Bonobos „Black Sands“ oder Roots Manuvas „Slime & Reason“. Mit seinem Mini-Album „Bake Haus“ steht nun sein musikalisches Können im Mittelpunkt.

2009 veröffentlichte der Grafikdesigner seine erste 7″-Single „Black Destroyer Hill“, auf welcher er auf eigentümliche Art Electronica und HipHop miteinander verband. Im gleichen Jahr erschien auf Stuff Records seine selbstbetitelte EP, die die Verantwortlichen von Big Dada auf ihn aufmerksam machte. Es folgten auf dem Ninja Tune-Ableger die beiden EPs „Aneurysm“ und „Pacer“. Robertson tendierte anfangs noch zu schwerem Crunk und HipHop Marke Rustie oder Hudson Mohawke, allerdings immer schon mit einem Gefühl für warme, teils melancholische Melodien. Inzwischen hat das Tempo angezogen, die Beats sind differenzierter konstruiert und das klangliche Spektrum weiter, wie in „Bake Haus“ zu hören ist.

Knapp 30 Minuten dauert der Einblick in das Klangspektrum von Offshore, das teils skizzenhaft, ja hin und wieder wie bei „Name Brand“ unfertig wirkt. Im Vergleich zu seinen vorherigen Veröffentlichungen sind die Tracks wärmer, melodischer. Die charakteristischen Elemente, die bauchige Bassdrum, züngelnde Hi-Hats und tragende Synths behält er bei wie auch seine experimentelle und unkonventionelle Art, an Beats heranzugehen. Hin und wieder stellt sich zu Beginn von Tracks leichte Irritation ein, wenn die Beats ein wenig seltsam, fast albern wirken. Letztendlich verwandelt sich das Befremden bei Tracks wie „Venom“ oder dem Grime-lastigen „Lifes Too“ dann aber in Faszination, spätestens wenn sich warme Melodien ausbreiten, die in einer schlüssigen Synthese mit den Beats aufgehen.

„Unkonventionell“ beschreibt überhaupt die ganze Produktionsweise des Wahl-Londoners, was seine Musik nicht ohne Weiteres massentauglich macht. Bei dem grandiosen „Fraser“ kombiniert er einen UK Funky-Beat mit Spuren elektrischer Gitarren. Der Titeltrack könnte mit seiner 8-Bit-Ästhetik hingegen aus einem Gameboy-Spiel stammen. Das bratzige „Slip“ haut einem die Snare um die Ohren und wirkt düster und bedrohlich, lässt dann aber mit hellen Synths versöhnliche Stimmung aufkommen. Fast epische Ausmaße nehmen „Downer“ und „Downer 2“ ein, die wehmütig und kraftvoll zugleich sind und mit wabernden Synths und Flötentönen für sich einnehmen.

Diese Vielseitigkeit ist Stärke und Schwäche zugleich. „Bake Haus“ wird nicht langweilig, aber ist eben auch nicht wirklich konsistent, wirkt hin und wieder wie abgebrochen. Zehn von 14 Tracks kommen nicht mal an die Drei-Minuten-Grenze. Es ist eher ein Skizzenheft als ein vollendetes Album. Gleichzeitig zeigt es aber auch die Experimentierfreudigkeit und Fähigkeiten von Robertson, dessen Musik mit Authentizität und einem eigenen Charakter überzeugt.

Vor wenigen Tagen ist Offshore mit nur 27 Jahren gestorben. Er bereitete gerade seine erste Langspielplatte vor. Hätte er noch Gelegenheit gehabt, er hätte eine ganz eigene Nische im weiten Spektrum elektronischer Musik besetzen können.

http://soundcloud.com/offffshore/offshore-bake-haus-preview

(Offshore: Bake Haus / Big Dada)