Beim Googeln nach „rusimport“ stößt man erstmal auf eine russische Alkohol-Importfirma. Es ist jedoch zugleich ein neues Festival in Berlin, dessen erste Ausgabe zwischen 29.11. und 9.12.2012 Theater, Literatur, Kino und Kunst aus Russland präsentiert. Dabei sucht man das Schlagwort „Pussy Riot“ vergeblich im Programmheft. Und das ist gut so, denn wenn es um russische Kunst und Kultur ging, kam in letzter Zeit kein Beitrag ohne Erwähnung der Frauenband aus. Selbst die Neuübersetzung von Michail Bulgakows Romanklassiker „Meister und Margarita“ bewarb der Verlag damit, dass das Buch der Künstlertruppe zur Inspiration diente.
„RusImport“ scheint anzudeuten, dass sich russische Kulturexporte mittlerweile wieder ohne das notorische Protestlabel anbieten lassen. Ob das Festival dabei die richtigen Fragen stellt, wird sich erst noch herausstellen. Die Auswahl der Künstler verspricht einiges: Man konzentriert sich auf wenige Veranstaltungen mit Künstlern, die keiner bestimmten Schule oder Clique zuzurechnen sind. Es gibt Diskussionen zwischen deutschen und russischen Kulturschaffenden, etwa dem Schriftsteller Dmitri Bykow, der seine Kolumne in der regierungskritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“ in Jamben reimt. Auch die bereits laufende Videokunst-Ausstellung der Künstlergruppe AES+F im Martin-Gropius-Bau gehört zum Programm. BLN.FM hat drei Tipps für Euch.
Drei Schwestern
„Nach Moskau!“ heißt das berühmteste Zitat aus Tschechows Klassiker. Drei Frauen schlagen darin in der Provinz die Zeit tot. In der Version des berühmten Moskauer Regisseurs Pjotr Fomenko, der im August gestorben ist, sind zwei der Schauspielerinnen der „Drei Schwestern“ wirklich welche: Polina und Xenia Kutjopowa. Weil sich Fomenko nicht sklavisch an den Text hält, gab es kontroverse Reaktionen bei russischen Kritikern. Dass die Leute hier nicht sprechen wie vor hundert Jahren, hört man auch ohne Russischkenntnisse. (Die Aufführungen in Berlin werden natürlich deutsch übertitelt.)
29.11./30.11./1.12.2012, 19:30 Haus der Berliner Festspiele, Große Bühne
Jelena
In Deutschland ist das Thema Wehrpflicht nur noch von zeitgeschichtlichem Interesse. In Russland dagegen erwartet männliche Schulabgänger keine angenehme Zeit, viele fürchten Willkür und Gewalt in der Armee. Wer den Dienst umgehen will, kann sich freikaufen. Auch die Titelfigur von Andrej Swjaginzews Film „Elena“ will ihrem Enkel das ersparen. Doch ihr herzkranker Mann weigert sich, ihr Geld dafür zu geben. Für sein Drama „Die Rückkehr“ bekam Swjaginzew 2003 den Goldenen Löwen beim Filmfestival Venedig.
7.12.2012, 19:30 Haus der Berliner Festspiele, 12 Euro
Depot für geniale Irrtümer
Atome sind keine Kugeln, sondern Würfel? In der Produktion „Depot für geniale Irrtümer“ werden zehn ausgefallene Holzwege der Physik vorgeführt. Die Performer vom Ingenieurtheater AKHE aus St. Petersburg spielen in einem Raum mit 3D-Projektionen.
8.12. 20 Uhr / 9.12. 16 und 20 Uhr Haus der Berliner Festspiele, 18-25 Euro
RusImport-Festival vom 29.11.-9.12.2012 im Haus der Berliner Festspiele, Schaperstraße 24, Berlin-Wilmersdorf, U-Bahn Spichernstraße, Vorverkauf
(Fotos: Natalia Cheban [Vorschaubild aus „Gorki 10“], Jekaterina Zwetkowa, Vladimir Telegin)