Mouse on Mars: Schreikunst im Multieffekt

Andi Toma (links) und Jan St. Werner (rechts)
Andi Toma (links) und Jan St. Werner (rechts)

So schnell ein neues Album von Mouse on Mars? Die neue Veröffentlichung „WOW“ erschien am 2. November auf Monkeytown Records. Eigentlich sollte sie nur ein „Nachleger“ zum großen Album „Parastrophics“ werden, erzählte uns Jan St. Werner bei einem Besuch im Studio von Mouse on Mars. Der Vorgänger ist ja auch erst im Februar 2012 erschienen und hatte den Frühling in tausend elektronische Klangfarben getaucht. Doch die aktuelle Scheibe „WOW“ ist dann doch ein kleines Mini-Album geworden.

Mouse On Mars - Studio (von Roman Kern)
Das Studio von Mouse on Mars (Foto: Roman Kern)

„WOW“ ist deutlich roher als das Vorgängeralbum: Das Mini-Album präsentiert weniger Effektfahrten und kommt insgesamt klarer und schneller zum Punkt. Das könnte daran gelegen haben, dass bei „Parastrophics“ sehr viel Material verwendet wurde, das sich im Laufe mehrerer Jahre angesammelt hatte. Die Versuchung, alles immer weiter mit neuen Ideen anzureichern, muss damals besonders groß gewesen sein. Bei der aktuellen Platte ging das etwas zügiger: „WOW“ entstand teilweise während der diesjährigen Welttournee von Mouse on Mars. Als klar war, dass eine Veröffentlichung daraus werden sollte, setzten sich das Duo ein Zeitlimit von nur vier Wochen um die Platte zu aufzunehmen.

 

Andi Toma an seinem Arbeitsplatz (Foto: Roman Kern)
Andi Toma an seinem Arbeitsplatz (Foto: Roman Kern)

Wer Jan St. Werner und Andi Toma schon einmal live gesehen hat, der weiß, wie sehr das Duo rocken kann. Und auch „WOW“ trägt über weite Strecken diese unmittelbare Energie in sich: die Tracks kommen druckvoll und direkt! Sie sind weniger kleinteilig ausproduziert als es bei „Parastrophics“. Und das wirkt sich positiv aus, das Album wirkt frisch. Stilistisch kann man „WOW“ als eine wilde Fahrt durch viele Stile aktueller Clubmusik bezeichnen: da ist Acid drin, Dubstep, Techno, aber auch Funk und immer wieder eine Prise Hip Hop.

Für ein Hörerlebnis der besonderen Art sorgt bei „WOW“ ein Studiogast: Dao Anh Khanh ist ein vietnamesischer Künstler, der eigentlich Skulpturen modelliert. Mouse on Mars haben ihn in Vietnam kennen gelernt. Bei ihrem Gig in Hanoi stand er mit auf der Bühne. Allerdings präsentierte er nicht eine seiner Skulpturen, sondern lieferte eine schräge Performance. Die kruden Vocals des „Schreikünstlers“, wie Andi Toma ihn nennt, sind eines der prägenden Stilmittel der neuen Platte.

Spuren in der Musik hinterlassen hat auch die eigens programmierte App „Wretchup„, mit der sich das iPhone in ein durchgeknalltes Multi-Effektgerät verwandeln lässt. Diese App kam bei Mouse on Mars sowohl auf Tour, als auch auf den letzten beiden Alben zum Einsatz. So hört sich das Ding an:

Künftig dürfen aber auch die Fans ran, denn „Wretchup“ gibt’s bald offiziell und kostenlos im App-Store. Um die Kosten der aufwändigen App wieder reinzubekommen, kann jeder über das Crowdfunding-Prinzip Geld spenden. Als Dankeschön bekommen Spender ab einen bestimmten Betrag eines von 80 selbstgestalteten Alben von Mouse on Mars. Der Quellcode der App ist zudem für jeden offen. So kann sich jeder aus „Wretchup“ seine eigene App stricken. Wenn genügend Geld zusammen kommt, wird es auch eine Version für Android geben.

 

Das BLN.FM-Interview mit Mouse on Mars zum Nachhören:

Mouse on Mars öffneten für BLN.FM ihre Studiopforten: Bei einer Tasse grünem Tee ging es um das neue Mini-Album „WOW“, um die lange Pause vor „Parastrophics“. Und darum, wie es sich anfühlt, jetzt nicht mehr in Köln, sondern in Berlin zu sein. Außerdem erfahren wir, was der vietnamesische Schreihals Dao Anh Khanh eigentlich mit der Polizei zu tun hat.

(Fotos: Szary, Roman Kern)