Pop Art aus Plakatfetzen

Charlie Anderson Foto: Stephen Busken Der schottische Nachwuchskünstler Charlie Anderson machte sich als Skandalnudel einen Namen: Ein Londoner Galerist warf ihm vor, Plagiate zu fertigen und drohte ihm Schläge an. Heute ist Anderson geläutert, unangenehme Fragen zu seiner Vergangenheit blockt er ab. Er sei damals noch nicht professionell genug gewesen und habe Dinge getan, die er bereue. Anderson – jetzt ein angepasster Langweiler? Von wegen! In seiner Kunst steckt noch jede Menge Sprengstoff. Inzwischen setzt er jedoch eher auf knallige Porno-Erotik. Noch bis zum 22. Dezember sind seine Arbeiten unter dem Titel „No one gets out alive“ in der MILA Kunstgalerie in Berlin-Mitte zu sehen.

Andersons Bilder wirken wie abgerissene, vom britischen Wetter zerstörte Plakatreste mit hübschen, aufreizenden Magazin–Covergirls. Doch es sind keine Schichten aus Kleber und Papier, die in der kleinen Galerie an den Wänden hängen. Anderson ist Maler und seine Gemälde sind optische Täuschungen, mit Acrylfarbe aufgetragen oder wie Graffitis gesprüht.

Anderson wuchs in den dunklen Gassen Edinburghs auf, die er vor einiger Zeit gegen die Sonne von Los Angeles eingetauscht hat.  Nirgends sonst pralle eine derartige Vielfalt verschiedener Menschen und Kulturen aufeinander wie auf den Straßen einer Großstadt, sagt Anderson. Diesen Kontrast zeigen seine Bilder: Düstere und triste Orte, dazwischen bunt leuchtende Werbung – ein immer wiederkehrendes Motiv. Poppige Farben und makellose Körper von Cover-Mädchen werden von kantigen, dunklen Schriftzügen durchbrochen. Anderson zeigt die Vergänglichkeit des Körpers und operiert an der schmalen Grenze zwischen Modefotografie und Pornografie.Charlie Anderson: "Spiral". Foto: Mila Kunstgalerie

„No one gets out alive“ ist ein wild zusammengewürfeltes Durcheinander verschiedener Motive, gesehen mit den Augen eines jungen Großstadtbewohners. Übersexualisiert, schrill und selbstzerstörerisch – dieses Lebensgefühl setzt Anderson gekonnt in Szene. Seine Bilder sind ein Beweis, dass zeitgenössische Kunst in der unmittelbaren Umgebung beginnt – auf der Straße und auf Häuserwänden.

„No one gets out alive“ noch bis zum 22. Dezember in der MILA Kunstgalerie, Linienstraße 154, Berlin-Mitte, U-Bahn Oranienburger Tor/Rosenthaler Platz. Geöffnet von 9 bis 19 Uhr.  Der Eintritt ist frei.

(Fotos: MILA-Galerie)