Mit „Dicke Mädchen“ kommt wohl eine der spartanischsten Produktionen dieses Jahres ins Kino. Gedreht wurde der Film in nur zehn Tagen. Um sich selbst und die Schauspieler nicht unnötig einzuengen, verzichtete Regisseur Axel Ranisch auf Filmcrew und Drehbuch. Gefilmt wurde mit einer Mini-DV-Kamera, die Dialoge wurden improvisiert. Das Budget betrug geschlagene 517,32 Euro. Die Schauspieler sind Freunde, die auf ihre Gage verzichteten und die Oma des Regisseurs. Aufgrund dieser fast anarchischen Do-It-Yourself-Attitüde ist „Dicke Mädchen“ ein durch und durch originelles Kuriosum – auch, weil er einen Preis für das nicht-existente Drehbuch erhielt.
Aber genug der Daten und Fakten. Zur Handlung: Sven lebt zusammen mit seiner demenzkranken Mutter und arbeitet als Wachmann in einer Bank. Tagsüber kümmert sich der Pfleger Daniel um die alte Dame. Als diese eines Tages ausreißt, machen sich die beiden gemeinsam auf die Suche nach ihr und kommen sich langsam näher. Daniel hat aber Frau und Kind zu Hause sitzen und so wird diese zarte Liebe zu einem ernsthaften Problem.
Regisseur Axel Ranisch sagt: „Ich wollte einfach nur Regie führen, mit Schauspielern arbeiten, das tun, was mich am glücklichsten macht: Frei von Kompromissen eine kleine, liebevolle Geschichte erzählen.“ Das ist ihm auf jeden Fall gelungen. „Dicke Mädchen“ lebt vor allem von seinen kauzigen Charakteren: Sven hat Angst vor sozialen Kontakten, er bevorzugt seine kuschelig eingerichtete Welt mit seiner Mutter. Diese wiederum ist herzerwärmend charmant und tapsig. Die Annäherung von Daniel und Sven ist so unglaublich schüchtern und ungeschickt, dass es komisch und rührend zugleich ist.
Auch wenn die Qualität des Materials sehr zu wünschen übrig lässt – die Bilder sind unscharf, verwackelt, der Ton eine Katatstrophe – macht dieser Film vor, was die großen Hollywood-Blockbuster schon lange verlernt zu haben scheinen: Eine ehrliche Geschichte über Menschen zu erzählen, die ans Herz geht und Spaß macht.
(Bilder: Missing Films)
„Dicke Mädchen„, Deutschland 2012, Tragikkomödie, 76 min., ab dem 15. November 2012 unter anderem im Babylon Mitte, Rosa-Luxemburg-Straße 30, Berlin-Mitte, U-Bahn: Rosa-Luxemburg-Platz