Wir stehen im Schnee. Es ist saukalt und sogar das Licht ist eisig – es sind die letzten Strahlen der Sonne. Aber Anstam malt uns lauter bunte Eisblumen. Sie sind so schön, dass wir die Kälte ganz vergessen. Und als David Byrne schließlich vorbei kommt und zu singen anfängt, ist es um uns geschehen: Wir laufen mit ihm duch die Kälte und sehen uns in der untergehenden Sonne die Skyline an. Ganz heimlich zerdrücken wir eine Träne, weil alles so schön ist. Wir wischen sie schnell weg, damit sie nicht festfriert. Dann kommen wir an einem Glühweinstand vorbei und wärmen uns auf. Der Alkohol beginnt, in unseren Adern zu glühen. Wir wollen tanzen. Jetzt! Auf in den Club!
Als wir ankommen, werden wir fast weggeblasen. Wir reiben uns die Augen, als wir sehen, wer das ist: Schon wieder Anstam. Dieses Mal zeichnet er keine Eisblumen. Seine Bässe drücken uns die Luft aus der Lunge, sie erschüttern den Club. Der Putz beginnt zu rieseln und am Boden tun sich mit knirschendem Geräusch kleine Risse auf. Wir können kaum atmen. Egal: Wir können nicht anders. Wir tanzen weiter.
Plötzlich verändert sich die Stimmung: Wie eine Fata Morgana wehen zwei Männer auf die Bühne. Die Luft flirrt, das Licht zerlegt den Raum in alle Regenbogenfarben. Die Musik verändert unsere Wahrnehmung: Die Flöten, der Synthesizer… Sind das zwei Männer, oder sind es drei? Unglaublich! Ein Raunen geht durch die Reihen: Das müssen die berühmten Silver Apples sein … So schnell, wie es begann, ist ist alles wieder vorbei: Die Männer sind aus dem Raum geflogen, das Licht hat sich kaleidoskopartig in den letzten Winkeln zerstreut. Und Robag Wruhme gibt uns, was wir jetzt dringend brauchen: einen geraden Bass mit viel Wärme. Er spielt, bis Katie Stelmanis mit ihrer Band Austra hereinkommt: Ihre Arme schwingen im Takt der Musik, während sie sirenenhaft dazu singt. Wir schwingen mit und schwingen mit… und sind ganz entrückt.
Dann wird es tonnenschwer: Lucy bringt seine neue Platte mit. Es geht irgendwie um Masse und Macht, um Psychologie. Das ist uns zu anstrengend. Aber dann schält sich der Beat langsam heraus und wir heben ab: „Stanford Prison“? Egal: Lass uns weitertanzen! Dann wird es mit Tommi Stumpff richtig heftig. Harsche Elektro-Sounds treffen auf brachialen Punk. Manche flüchten an die Bar, aber die Tanzfläche kocht über. Und als Sluts’n’Strings & 909 anfangen, uns einzuheizen, sind sich alle wieder einig: Der Sound aus Wien – er war irgendwie immer schon der Hammer.
Auf einmal ist alles vorbei: Jon Brion hat seinen neuen Soundtrack mitgebracht: Die Band tritt verkleidet auf. Zuerst lachen alle, doch dann sehen wir: Die sehen nicht nur so aus, das sind wirklich Zombies. Das Grausen packt uns, aber die Musik fesselt; wir müssen einfach bleiben. Am Ende wird irgendwie alles gut, die Zombies sind eigentlich ganz nett. Als He Said zu spielen beginnt, gehen wir mit ihnen noch einen an der Bar trinken. Und als The XX am Ende noch was aus dem ersten Album spielen, ist allen richtig warm ums Herz …
Ein toller Abend!
Hier gibt’s die Sendung zum Nachhören:
Das wird gespielt:
- Anstam – Morning Shiver Down The Black Wood River (Stones And Woods, 2012)
- David Byrne – Glass, Concrete & Stone (Grown Backwards, 2004)
- Anstam – Aeto B (Aeto, 2009)
- Silver Apples – Seagreen Serenades (Silver Apples/Contact, 1997)
- Robag Wruhme – Pnom Gobal (Thora Vukk, 2011)
- Austra – Beat And The Pulse [Kool Thing Remix] (Sparkle, 2011)
- Lucy – Stanford Prison (Banality of Evil, 2012)
- Tommi Stumpff – Ich Will Gewinnen (Verschwende Deine Jugend, 2002)
- Sluts´n´Strings & 909 – Past the Gates (Carrera, 1997)
- Jon Brion – Zombie Attack In The Eighties (ParaNorman, 2012)
- Jon Brion – Oh, And One More Thing (ParaNorman, 2012)
- He Said – Pump (Hail, 1986)
- The XX – Basic Space (Jamie xx Space Bass Mix) (Basic Space 12“ Remixes, 2009)