Ital Tek – Nebula Dance

Ital Tek hält sich an seinen Zweijahres-Rhythmus und überrascht auf seiner dritten LP für Planet Mu mit einem ungewohnten Footwork-Sound. Der Brite aus Brighton hat an der BPM gedreht und erforscht mit „Nebula Dance“ das spannungsgeladene Feld zwischen Jungle und Juke. Die zwölf Tracks klingen allerdings immer noch nach der UK-Experimentierfreude und weniger nach dem staubtrockenen Sound aus Chicago. Das Gegenteil wäre aber auch verwundernswert, denn der Name Ital Tek steht für futuristische Klanglandschaften, experimentelle Beats und reiche Klangtexturen. Immerhin veröffentlicht der Brite seinen nachdenklichen und melodiösen Sound seit 2007.

In der Hip-Hop- und Breakdance-Community in Chicago wird schon seit den 90er Jahren am Juke-Sound aus hektischen Vocal-Loops, hämmernden Bassdrums und geschickt gesetzten Cuts und Samples herumgeschraubt. Doch erst seit einigen Jahren erobert die verschachtelte Musik die internationale Musiklandschaft und inspiriert auch europäische Produzenten zu Footwork-Mutationen wie Machinedrums „Rooms“ (hier unser Review). Das vom IDM-Urgestein µ-Ziq aka Mike Para­di­nas kuratierte Label Planet Mu hat dem Under­gound in Chi­cago – etwa mit Young Smokes „Space Zone“ oder DJ Dia­monds „Flight Muzik“ – maß­geb­lich zur plötz­li­chen Popu­la­ri­tät ver­hol­fen. Nun ist auch der langjährige Planet Mu-Bewohner Ital Tek aka Alan Myson auf den Footwork-Zug aufgesprungen und liefert mit „Nebula Dance“ seine eigene Interpretation von Juke.

Feinfühlige Dubstep-Beats mit langgezogenem Bassgewummer wie auf den Vorgängern „Cyclical“ und „Midnight Hours“ – BLN.FM berichtete – finden sich auf der neuen Platte nicht mehr. Statt Sägezahn-Gebruzzel gibt es digitale Panflöten, statt verhallte Claps trockene Bongos. Trotzdem laden die verspielten Melodien auf Ital Teks dritter LP wie gewohnt zum Träumen ein. Ungewöhnlich für einen so feinsinnigen Produzenten sind poppige Vocal-Schnipsel wie in „Solar Sail“ oder „In Motion“. Die zwölf Produktionen sind ungewohnt trocken und die Synths überraschend fröhlich gestimmt. Damit ist der dritte Longplayer der mit Abstand zugänglichste Release des eigensinnigen Produzenten. Doch hätte das Juke-Gewand des „Nebula Dance“  ruhig etwas nebliger ausfallen können. Dunkle, geheimnisvolle Tunes sucht man vergeblich.

Als die beiden Tracks „Pixel Haze“ und „Gonga“ vergangenen Dezember als EP vorabveröffentlicht wurden, stieß Ital Tek’s neuer Sound nicht nur auf Begeisterung. Doch als ganzes Album überzeugt sein Umschwung auf Footwork. Die Tracks auf „Nebula Dance“ fließen nahtlos ineinander. Der Tanz des Nebels entführt gekonnt für eine Stunde aus der Realität. Alle zwölf Nummern haben durchgängig viel Energie und heizen zum Tan­zen an — und dafür ist Juke ja eigentlich auch gedacht. Trotzdem vermisst man Höhen und Tiefen und wird das Gefühl nicht los, mit mehr Effekten und Platz zum Atmen würde „Nebula Dance“ erheblich besser wirken. Kein Track sticht heraus, auch atmosphärische Überleitungen sucht man vergeblich. „Nebula Dance“ ist ein weiterer, gekonnter Juke-Entwurf auf Britisch – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Mal sehen, welches Genre sich Ital Tek als nächstes vornimmt. 2014 müsste es ungefähr soweit sein.

Preview:

[podcast:]http://media.bln.fm/media/audio/previews/ital_tek_nebula_dance_preview.mp3[/podcast]

Tracklist:

  1. Nebula Dance
  2. Pixel Haze
  3. Dusk Beat
  4. Intercruise
  5. Steel Sky
  6. Glokk
  7. Solar Sail
  8. In Motion
  9. Gonga
  10. Discontinuum
  11. Human Version
  12. Yesterday Tomorrow Today

(Planet Mu)