Kino aus dem Gelobten Land

Israel Film Festival BerlinEs ist mal wieder so weit: Berlin bekommt ein neues Filmfestival. Vom 18. bis 21. Oktober gewährt das Israel Filmfestival im Moviemento Einblicke in die Indie-Kino-Szene Israels. Dabei greifen die jungen Filmemacher auch Themen auf, die wegen der andauernden politischen und religiösen Konflikte in der Region aus dem Fokus geraten sind. Sie rücken die Menschen und ihre persönlichen Geschichten in den Vordergrund, blicken auf die Gesellschaft des Landes und setzen sich kritisch mit der Rolle von Religion und Militär auseinander. Es sind Geschichten von orthodoxen Juden, für die es komplett unverständlich ist, wenn eine Frau nicht heiraten will. Von 18-jährigen Jungen, die zwar eine Waffe bedienen können, aber keine Waschmaschine. Von Künstlern, die der Armut entfliehen wollen.

Drei Regisseure stehen dabei besonders im Fokus: Dan Wolman und Anat Even aus Tel Aviv und Lior Shamriz, der in Berlin lebt. Ein eigener Programmteil wird dem 1993 verstorbenen Regisseur Amos Guttmann gewidmet, einem Wegbereiter des schwulen Films in Israel. Außerdem gibt es Diskussionsrunden zu Korruption, Frauen in der Filmindustrie und der Frage, warum Berlin für israelische Künstler besonders attraktiv ist.

BLN.FM stellt euch eine kleine Auswahl aus dem umfangreichen Programm vor:

The Lady is Dead von Roy Raz ist ein experimenteller Videoclip. Er wurde bereits 2010 auf dem Pornfilmfestival gezeigt. Mit verstörenden Bildern und bizarrer Ästhetik visualisiert der Regisseur die sterbende Liebe. Da wird das Herz schonmal durch den Fleischwolf gedreht oder als Tennisball benutzt. Halbnackte junge Männer beschmieren sich wahlweise mit Seifenwasser oder Blut. Dazu die „tote Lady“, die das Geschehen mit strenger Miene beobachtet.

The Lady Is Dead

Anschließend wird der Dokumentarfilm Lod on the map gezeigt. Er begleitet eine Gruppe von Musikern aus Lod, einem von Armut und Langeweile geprägten  Vorort von Tel Aviv. Mohammad, Moshe, Liron und Nethanel wollen mit Hilfe ihrer Musik der Ödnis entfliehen. Indem er sich mit dem Schicksal der vier Bewohner auseinandersetzt, will Regisseur Duson Soloun den tristen Ort aus dem Schatten der Metropole befreien.

„The Lady Is Dead“, Israel 2010, 3 min., Musikvideo und „Lod On The Map“, Israel / Deutschland 2012, 61 min, Dokumentation zu sehen am 19. Oktober um 22:30

My Kosher Shifts

My Kosher Shifts ist eine humorvolle und aufschlussreiche Dokumentation über die Lebensweise orthodoxer Juden. Die Filmemacherin Iris Zaki arbeitet in einem kleinen orthodoxen Hotel im Norden Londons, weit weg von Israel mit seinen politischen und sozialen Spannungen. Sie selbst hat sich für einen westlichen Lebensstil entschieden, möchte aber hinter die Kulissen der verborgenden orthodoxen Welt blicken. Und so interviewt sie schließlich Hotelgäste zu ihrer Weltauffassung im Allgemeinen und zu Fragen der Emanzipation im Speziellen. Dem Zuschauenden wird schnell klar: Hier prallen Welten aufeinander.

„My Kosher Shifts“, Großbritannien 2011, 22 min., Dokumentarfilm zu sehen am 19. Oktober um 16:00 Uhr

Poisenend

Daniel Sivans Dokumentarfilm Poisoned handelt von vier besten Freunden, die ihre Wehrpflicht ableisten. Der Regisseur begleitet sie dabei drei Jahre lang und fragt die Jungen in dieser Zeit immer wieder nach ihrer Meinung zu religiösen und sozialen Konflikten, mit denen sie während ihrer Einsätze in den besetzten Gebieten konfrontiert werden. Er selbst war nicht bei der Armee und sieht die Einstellung vieler seiner Landsleute zum Militär kritisch. Bei ihm geht es nicht um Kriegshelden, sondern um vier ganz normale Jungs, die in einem krisengeschüttelten Umfeld erwachsen werden.

„Poisoned“, Israel 2010, 50 min., Dokumentarfilm

Israel Filmfestival vom 18. bis 21. Oktober im Moviemento, Kottbusser Damm 22, Berlin-Kreuzberg, U-Bahn: Hermannstraße, Schönleinstraße

(Bilder: Israel Filmfestival Berlin)

von Daryna Sterina