„Geschlossene Gesellschaft“ heißt die Ausstellung über künstlerische Fotografie in der DDR zwischen 1949 und 1989, die noch bis Januar 2013 in der Berlinischen Galerie zu sehen ist. Die Ausstellung beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie Fotografen in der DDR mit dem engen Raum umgingen, der ihnen vom Staat vorgegeben wurde. Konnte trotz Überwachung und Gängelung provokante, autonome Kunst entstehen? Dazu zeigt die Galerie 260 Arbeiten von 34 Künstlern, darunter Einzelbilder, Serienaufnahmen, Tableaus und einige Installationen. Die Auswahl der Aufnahmen soll den Wandel der Kunstfotografie in dem autoritären Staat im Laufe seiner 40-jährigen Geschichte zeigen und zeugt von der kontroversen Auseinandersetzung verschiedener DDR-Künstler mit dem Regime.
Das Spiel mit Klischees hat eine Schlüsselrolle
Die Berlinische Galerie stellt Fotos der kleinbürgerlichen DDR-Gesellschaft provokanten Realitätsinszenierungen von jungen Künstlern in den 1980ern entgegen.
Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus den 1960er und 1970er Jahren zeigen Frauen beim Einkaufen und in den Straßen von Leipzig und Dresden. Männer in Anzügen mit Hut und Aktentasche befinden sich scheinbar auf dem Weg zu geschäftlichen Tätigkeiten. Familien posieren vor Mustertapete und Anbauwand in den Wohnzimmern ihrer Plattenbauwohnungen.
Demgegenüber bemühen sich die farbigen Inszenierungen von Feierlichkeiten wie der des FDJ-Pfingsttreffens, die Illusion eines blühenden, funktionierenden Staates voller glücklicher Bürger aufrecht zu erhalten.
Andere Fotos beschäftigen sich mit der Vergangenheitsbewältigung in der DDR. Die Aufnahmen von Künstlern wie Richard Peter und Karl-Heinz Mai zeigen die Zerstörung ostdeutscher Städte wie Berlin und die Arbeit der Trümmerfrauen. Die Gesichtsausdrücke der Frauen zeugen von Erschöpfung und Mutlosigkeit, fast schon Resignation. Die düsteren und bedrückenden Werke dieser ersten Epoche der DDR-Fotokunst dokumentieren die Probleme und Ängste der von Krieg und Trennung gebeutelten Bewohner zur Entstehungszeit des sozialistischen Staates.
In den 1980ern stellen junge Fotografen zunehmend die individuellen Lebenswelten der Menschen in den Vordergrund. Sven Marquardt und Gundula Schultze inszenieren ihre Aufnahmen provokant. Fantasie und Realität werden in ihren Fotos vermischt. Dunkle Gestalten mit schwarzer Schminke und Latexbekleidung posieren in Wohnzimmern oder alten Fabrikgebäuden. Diese Aufnahmen passen so gar nicht in die Darstellung des „grauen sozialistischen Alltags“ in der DDR.
Und sie beweisen, dass es trotz Gleichschaltung und autoritärem Führungsstil eine künstlerische Subkultur gab, in deren Umfeld sich die Fotografen ihre Freiheit bewahrten.
“Geschlossene Gesellschaft – Künstlerische Fotografie in der DDR 1949-1989”, noch bis zum 28. Januar 2013 in der Berlinischen Galerie, Alte Jakobstraße 124, Berlin-Kreuzberg, S-Bahn: Anhalter Bahnhof, U-Bahn: Moritzplatz, Hallesches Tor. Geöffnet: Mittwoch-Montag von 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 8 Euro ermäßigt 5 Euro, bis 18 Jahre frei