Nicht nur die Universität in Frankfurt (Oder) heißt „Viadrina“. Auch zwei Polen, die ganz aus der Nähe kommen, haben den Namen für ihr Projekt auserkoren. Mateusz Kazula und Konrad Slazyk haben sich in einem Club kennengelernt und stellten schnell fest, dass sie den gleichen Musikgeschmack haben. Weil die Produktion von Tracks zu zweit mehr Spaß macht, gründeten die beiden das Projekt Viadrina. Nach einigen Releases erschien Anfang Oktober ihre EP „Cellardoor“ auf dem Label Lower East. Wir trafen die beiden anlässlich ihres Beitrags auf der BLN.FM-Compilation „Travelling Gems Vol.3“, plauderten über den Studioalltag und wie es sich anfühlt, beim Berliner Label BPitch Control zu veröffentlichen.
BLN.FM: Momentan läuft es ja wirklich gut für euch. Ihr habt auf kleineren Labels angefangen zu veröffentlichen. Jetzt habt Ihr im August 2012 ein Remix auf BPitch Control veröffentlicht. Wie fühlt sich’s an mit einem so renommierten Label zusammenzuarbeiten?
Viadrina: Das ist nicht so einfach zu sagen. Es ist natürlich unglaublich gut, eine ruhige Arbeitsatmosphäre bei einem Label zu haben. Doch kleine Labels sind oft nicht in der Lage, Dinge so vorwärts zu bringen, wie es größere können. Natürlich hast du als Künstler bei kleineren Labels größeren Einfluss, was Mastering und die Cover-Gestaltung angeht, aber die „Großen“ können vielmehr Aufmerksamkeit erzeugen. Wir reden hier natürlich über eine Underground-Szene, in der auch die vermeintlichen Majors, wie auch Bpitch Control, eigentlich Independent-Labels sind. Genau das ist ja auch mit unserem Remix für „We Love“ passiert. Das war bisher unser größter kommerzieller Erfolg. Nicht zuletzt dank Sasha, der ihn als erster in seine DJ-Charts aufgenommen hat. Der Track ist dann auf Platz 14 der Beatport-Charts geklettert.
BLN.FM: Eure Tracks sind klassisch strukturierte Deep House-Tracks und haben oft schöne Melodien. Ist das bereits Eure Handschrift?
Viadrina: Wir haben noch nicht den endgültigen Weg gefunden. Wir sehen das aber schon als Vorteil, dass einige Elemente in unserer Musik einen Wiedererkennungswert haben. Doch wir versuchen auf jeder EP ein anderes Konzept zu verfolgen. Das hört man dann auch in puncto Arrangement und Komposition.
BLN.FM: Gibt es Elemente in euren Produktionen, die ihr als „polnisch“ bezeichnen würdet?
Viadrina: Nein, wir verstehen elektronische Musik als internationales Phänomen. Natürlich gibt es regionale Einflüsse, wenn wir an Detroit, Chicago oder Berlin denken. Aber das ist doch heutzutage alles ein großer Topf. In Polen gibt es eine stetig größer werdende Szene , aber da sucht man vergeblich ein spezielles polnisches Element. Das führt dazu, dass der Sound paradoxerweise immer unterschiedlicher und ähnlicher zugleich wird. Alles beschleunigt sich durch die schnelle Entwicklung des Internets: Etwas, das heute in London neu und aufregend ist, kann morgen in Berlin schon wieder langweilig sein. Unsere Inspiration kommt aus allen Teilen dieser Welt. Polen war noch nie eine Nation, die für eine starke Clubkultur bekannt ist. Lustigerweise werden wir oft als neue „Polish House Mafia“ bezeichnet.
BLN.FM: Beschreibt mal ein wenig den Work-Flow bei Euch im Studio.
Viadrina: Manchmal schaffen wir zwei Killer-Tracks in ein paar Stunden und manchmal brauchen wir für einen Remix zwei Wochen und sind am Ende immer noch nicht zufrieden mit den Ergebnissen. Oft ist das einfach auch Glück. Mit der Einstellung ins Studio zu gehen ‚Ich muss jetzt einen Track machen und hoffentlich habe ich eine gute Idee‘ – das wäre doch schlimm. Wir arbeiten nicht immer zusammen im Studio, aber via Internet können wir Samples schnell untereinander tauschen. Irgendwie ist das auch motivierend, nicht immer gemeinsam zu arbeiten. Denn am Ende können wir die Ergebnisse dann vergleichen.
BLN.FM: Euer Song „Night Drug“ ist auf der BLN.FM-Compilation „Travelling Gems Vol. 3“ erschienen. Der Track klingt stark beeinflusst durch ältere Rave-Produktionen aus Großbritannien. Erzählt doch mal, wie es zum Track kam und die Idee dahinter.
Das Konzept hinter dem war es, eine kräftige Bassline hinzubekommen und dann runtergepitchte Vocals hinzuzufügen und es dabei noch melodisch klingen zu lassen. Es ist dieses kleine poppige Element, was den Track unserer Sicht nach auszeichnet. Und ja, du hast recht, der Track ist schon sehr beeinflusst von alten UK-Zeiten. Außerdem ist er immernoch einer unserer persönlichen Lieblingssongs.
Viadrina – „Night Drug“ ist erschienen auf der BLN.FM-Compilation „Travelling Gems – Volume 3„
(Fotos: Facebook)