Ricardo Villalobos – Dependent and Happy

Ricardo Villalobos ist zweifelsfrei einer der weltweit bekanntesten Namen, wenn es um tanzbare, elektronische Musik geht. Er konnte als Plattensammler und laut diverser Leserpolls als mindestens allerbester DJ der Welt, sowie als Produzent solcher Hymnen wie „MDMA“ oder „Dexter“ in die Annalen der elektronischen Musikgeschichte eingehen. Dabei spielte auch das minimalistische Label Perlon häufiger eine Rolle, wobei man leider eingestehen muss, dass gerade dort die schwächeren Villalobos-Veröffentlichungen zu verzeichnen waren. Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, fiel die Wahl zum dritten Mal auf das Ex-Frankfurter Label. Vielleicht dachten sich alle Beteiligten; „Sei es drum“ und so kam 2012 mit „Dependent and happy“ das nunmehr sechste Album des Chilenen in die Läden.

Musikalisch ist er dem minimalistischen, leicht verfrickelten Microhouse treu geblieben, ferner schlägt er die Brücke zum deep-housigen Minimal. Die Kickdrums sind reduziert, tauchen dafür aber in allerlei verschiedenen Rhythmus-Variationen auf. Wirklich cluborientiert ist das Album dabei eher nicht, obwohl es sich komplett aus den 14 Titeln der diesjährig erschienenen gleichnamigen, dreiteiligen Vinylreihe zusammensetzt. Für das CD-Release wurden allerdings Titel wie „Kehaus“, oder das verträumt vor sich hin plätschernde „Defixia“ gestrichen, sowie einige andere durch die fließenden Übergänge stark zusammengekürzt – und dennoch hat der Tonträger in knapp 80 Minuten so manche Längen zu verzeichnen. Um diese besser verdeutlichen zu können, wird folgend auf die ungekürzten Versionen eingegangen. Denn mal ehrlich: von einem Gemälde schneidet man schließlich auch nicht einfach ein Stück ab, damit dieses besser ins Zimmer passt…

Aber beginnend mit dem Positiven, können Titel wie „Ferenc“ genau das leisten, was von einem guten Villalobos-Album erwartet werden kann: eine unendliche Tiefe, impulsive Percussions und perfekt hineingeklebte Autohupen-Samples schaffen eine dichte Atmosphäre, in die sich bestens hineintauchen lässt. Hauptsächlich lebt „Ferenc“ dabei von seinem hintergründigen Hauptthema, welches auf einem beinahe fragilen Beatkonstrukt schwebt. Auch „Timemorf“, „Zuipox“ oder „Samma“ haben zwar so ihre Momente, sind im Gesamten aber doch etwas langatmig ausgefallen. „Timemorf“ – im CD-Release immerhin um drei Minuten gekürzt – klickert zum Beispiel lustig vor sich hin, bis eine Art Metallophon-Melodie sich zu den Beats gesellt. Sie klingt etwas improvisiert, weswegen sich keine klare Struktur aufbaut und leider auch ein richtiger Höhepunkt ausbleibt. Ebenso verhält es sich auch beim im Original mehr als 14 Minuten umfassenden „Zuipox“. Die Melodie, wenn sie denn irgendwann mal einsetzt, ist zwar nett anzuhören, aber mit dem Wort unspektakulär wohl am besten zu beschreiben.

Hinzu kommen leider Tracks wie „Mochnochich“, „Put your Lips“ oder „Grumax“, die zwar mit einigen Soundspielereien versehen wurden, aber dennoch erstaunlich langweilig und mitunter nervtötend vor sich hin plätschern. Nach mehrmaligem Hören gewöhnt man sich zwar ein wenig daran, unterhaltsamer wird es aber leider trotzdem nicht. Gerade „Tu Actitud“ klingt wie eine kleine Jam-Session, bei der spanische Vocals auf allerlei Effekte treffen. Nach achteinhalb Minuten beschließt der Track dann doch auch langsam mal loszugehen; ein Ziel hat aber auch er nicht. Denn einige abstrakte Soundspielereien, Sample-Einlagen und einen kunstfertig zusammenmodulierten Aufbau später stellt man fest, wie lang fast zwölf Minuten manchmal sein können. Was noch bei früheren Werken wie „Fizheuer Zieheuer“ einen endlosen Spannungsbogen erzeugte, funktioniert nämlich auf „Dependent and happy“ nur bedingt, obwohl man meinen könnte, dass organisch klingende Soundcollagen recht leicht ins Ohr gehen sollten. Leider sind diese von Villalobos dermaßen überreizt worden, dass nur ganz hartgesottene Fans ihren Spaß damit haben dürften. Und besonders diese werden mit dem ungekürzten Vinyl-Release wesentlich besser beraten sein.

Preview:

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Tracklist:

  1. Tu Actitud
  2. Timemorf
  3. Grumax
  4. I’m Counting
  5. Das Leben Ist So Anders Ohne Dich
  6. Mochnochich
  7. Zuipox
  8. Kehaus
  9. Die Schwarze Massai
  10. Put Your Lips
  11. Samma
  12. Ferenc
  13. Defixia
  14. Koito

(Perlon)