Library Tapes – Sun Peeking Through

Library Tapes CoverStell dir vor, du stehst am frühen Morgen auf und trittst aus einem kleinen Holzhaus, dass du dir für ein paar Tage in Schweden gemietet hast, um dem Alltag der Großstadt zu entfliehen. Von der Veranda blickst du zwischen ein paar Bäumen hindurch auf einen See, hinter dem gerade die Sonne aufgeht. Leichte Nebelschwaden hängen noch über dem Wasser, das sich langsam verfärbt. Jetzt fehlt nur noch die passende Musikund „Sun Peeking Through“ ist der perfekte Soundtrack.

Es ist das sechste Studio Album von Library Tapes-Mastermind David Wenngren. Im Jahr 2005 veröffentlichte er, damals noch gemeinsam mit seinem schwedischen Landsmann Per Jardsell, das erste Album „Alone In The Bright Lights Of A Shattered Life“. Mittlerweile gehen beide getrennte Wege und Wenngren bringt die Library Tapes-Platten auf seinem eigenen Label Auetic heraus. Der Name des Projekts geht zurück auf das 1975 erschienene Studioalbum „Basement Tapes“ von Bob Dylan.

Das neue Album „Sun Peeking Through“ kommt nun in einer Zeit, in der die moderne klassische Musik einen Boom erlebt. Immer häufiger tauchen in den Feuilletons und Plattenkritiken die Genre-Bezeichnungen „Contemporary Classical“ oder „Modern Classical“ auf. Künstler wie Nils Frahm, Ólafur Árnalds oder Max Richter füllen mit dieser Spielart nicht mehr nur Konzertsäle, sondern begeistern auch auf Festivals, wie zuletzt Nils Frahm beim diesjährigen Roskilde. Die alten Genre-Konventionen gelten für diese Musiker nicht, sie machen das, wonach ihnen der Sinn steht. Die Grenzen zwischen Klassik, elektronischer Musik und Kitsch sind dabei nicht immer eindeutig zu ziehen.

Standen die letzten Library Tapes-Alben eher im Zeichen einer größeren Instrumentierung – an „A Summer Beneath The Trees“ von 2008 arbeitete auch Komponist Peter Broderick mit -, wirkt „Sun Peeking Through“ wieder reduzierter. Gleichzeitig strahlt das Album auch eine melodischere und positivere Grundstimmung als seine Vorgänger aus. Julia Kent und Danny Norbury am Cello sowie Sarah Kemp an der Violine verleihen den Aufnahmen zusätzliches Volumen. Das Album enthält allerdings auch Solo-Piano-Stücke wie das Stück „We Won’t Need You Anymore“ – ein wunderschönes Thema, das sich über zwei Minuten langsam und allmählich ausbreitet. Gerahmt wird das nur 29 Minuten lange Album von zwei Stücken mit den simplen Bezeichnungen „Variation I“ und „Variation II“. Beide Teile folgen einem identischen Aufbau und unterscheiden sich lediglich in der Tonart. Warum das Album mit dem „Variation II“ eröffnet wird und mit „Variation I“ endet, bleibt jedoch offen.

Mit „Sun Peeking Through“ kehrt Library Tapes zu seinen Anfängen zurück. Wie auf früheren Alben dominieren melodisch-sphärische Piano-Klänge mit viel Raum zur Entfaltung. Diese werden von synthetischen, auf Umweltgeräuschen basierenden Flächen untermalt. Experimentelle Ausflüge der vergangenen Zeit scheinen vorüber. Weniger Gastmusiker und damit auch ein weniger breites Spektrum an Instrumenten sorgen für einen homogenen Klang ohne große Überraschungen. Bei aller Schönheit wirken die zehn Stücke allerdings ein wenig unsortiert und aufgrund der Kürze ein wenig skizzenhaft, was den Hörgenuss jedoch kaum mildert. Auf der Veranda vor dem schwedischen Holzhaus könnte dieser Sonnenaufgang schöner nicht sein.

Preview:

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Tracklist:

  1. Variation II
  2. Parlour (Variation I)
  3. Found
  4. Parlour (Variation III)
  5. We Won’t Need You Anymore
  6. End of the Summer
  7. Lost
  8. Sun Peeking Through
  9. Parlour (Variation II)
  10. Variation I

(Auetic)